Mein wildes blaues Wunder

Autorin: Carlie Sorosiak
Übersetzerin: Ulrike Köbele

Quinn lebt mit ihrer Familie in Maine. Ihre Eltern betreiben ein Ferienlager, welches von den Großeltern gegründet würde. Es ist alles so zauberhaft. Das enge familiäre Verhältnis zwischen ihrer Nana, den Eltern, Quinn und ihren beiden Geschwistern Reed und Fern. Die Geschwister sind jeweils nicht einmal zwei Jahre auseinander vom Alter, so dass es mehr eine Freundschaft zwischen ihnen ist als reine Familienbande. Alles wirkt magisch und verwunschen. Quinns Hippiemutter, das wunderschöne Anwesen The Hundreds, die Wünsche der Gäste, die von der Decke hängen, der immerblühende und Früchte tragende Blaubeerstrauch vor dem Haus. Doch leider ist das nur eine Seite der Medaille, nur ein Teil, von dem Carlie Sorosiak in ihrem Buch erzählt. Das war Quinns Zuhause im Sommer, bevor eine schlimme Tragödie einen Keil in ihre Familie getrieben hat, woran nun sie und ihre Geschwister zu zerbrechen drohen.

Carlie Sorosiak erzählt Quinns Geschichte im Wechsel zweier Zeitebenen. Zum einen spielt die Geschichte im Sommer, als The Hundreds noch das entzückende und unbeschwerte Zuhause Quinns war, bis sich ein Unglück ereignete, das der Leser zwar früh erahnen kann, was die Autorin jedoch erst recht spät im Buch schwarz auf weiß benennt.
Die zweite Zeitebene spielt in der Gegenwart im Winter nach dem Unglück, auf Grund dessen Quinn und ihre Geschwister kaum noch ein Wort miteinander wechseln. Man spürt Quinns innere Zerissenheit, aber auch Ferns und Reeds Schmerz wird in den Rückblenden immer greifbarer, auch wenn diese beiden im Gegensatz zu Quinn nicht als Ich-Erzähler fungieren.

Neben der kompletten Familie Saywer spielen Dylan, der mit der ganzen Familie sehr eng befreundet ist, Quinns beste Freundin Hana, und der neue Mitschüler Alexander große Rollen in der Geschichte. Obwohl Carlie Sorosiaks somit ein recht umfangreiches Personal in der Geschichte spielen lässt, überzeugt jede einzelne Figur mit ihrem ausgeprägt gezeichneten Charakter. Zugleich baut die Autorin reichlich Diversität ein, durch Figuren mit Migrationshintergrund, die in Maine eine verschwindend geringe Minderheit repräsentieren, sowie einen homosexuellen Charakter. Sie spielt mit Klischees, ohne selbst welche zu benutzen, um ohne erhobenen Zeigefinger auf die Vielfalt der Menschheit aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, dass es keine Unterschiede sind, weswegen wir Menschen in Schubladen stecken sollten.

Das Unglück und der Verlust, den Quinn und ihre Geschwister im Sommer erleiden müssen, droht vieles zu zerstören. Durch die Ankunft ihres neuen Mitschülers Alexanders kann vielleicht wieder Glück in Quinns Leben ziehen. Doch darf sie überhaupt wieder glücklich sein?
Über die Details, warum das Unglück die drei Saywer Geschwister alle dermaßen hart trifft und die Familienbande unwiderruflich zu zerstören droht, möchte ich keine Worte verlieren, da sonst zu viel vom Plot verraten würde. Die Handlung ist zwar nicht unbedingt als spannend zu bezeichnen, aber wartet dennoch mit einigen Geheimnissen auf, die die einzelnen Familienmitglieder betreffen. Auf mich hat die Erzählweise auf jeden Fall einen derartigen Sog ausgeübt, dass ich das Buch nur ungern zwischendurch aus der Hand gelegt habe.

Die Autorin hat ein wundervolles Buch über Freundschaft, Familie, Liebe und Verlust geschrieben, welches nebenbei Fernweh auf den Bundesstaat Maine weckt, der dank seiner Landschaftsbeschreibungen und vor allem dem ungezähmten Meer mit all seinen Geheimnissen neben den menschlichen Figuren einen weiteren Charakter dieses Buches bildet.

Die Idee hinter der Geschichte würde ich nicht als neu bezeichnen, aber selten habe ich so ein wunderbares Buch gelesen, welches Schmerzen bereitet und glücklich macht im gleichen Atemzug.
Quinns Nana sagt, dass sich Realität und Magie nicht gegenseitig ausschließen müssen, und genau das trifft auf dieses Wohlfühlbuch zu: es ist real und dennoch voller Magie!

*Erschienen bei Arena*

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Autorin / Autor: Anette - Stand: 1. August 2018