Künstlich schön, biologisch falsch
Heinz Sielmann Stiftung kritisiert Schönfärberei und fehlerhafte Darstellungen in KI-Tierbildern
+++BILD ENTHÄLT KI+++ Blauflügel-Prachtlibelle: Foto links: Original (© Sebastian Hennigs), rechts: KI-generiert (©Matthias Neumann/schaum.cc), verwendete Software: Midjourney
Für ein Referat oder eine Präsentation braucht ihr das Bild eines bestimmten Frosches oder einer Spinne? Dann lasst doch die KI einfach eins ausspucken, wird euch so manche:r raten. Möglicherweise kommt dann aber etwas raus, was mit dem tatsächlichen Aussehen des Tieres in der Natur nicht viel zu tun hat. Falsche Proportionen, übertrieben große Kulleraugen oder anatomische Merkmale, die bei dem gefragten Tier so gar nicht vorkommen, sind nicht selten. Vor allem, wenn die KI mit falschen Daten trainiert wurde. Da hat die Libelle plötzlich lange Fühler und zwei Beine zu viel oder ein Pfauen-Küken trägt die schillernde Färbung der Federn, die in der Natur nur bei ausgewachsenen Männchen auftritt (Pfauenküken sind eigentlich unscheinbar braun).
Die Heinz Sielmann Stiftung präsentiert einige eindrucksvolle Beispiele (siehe unten) und zeigt damit, wie KI-Tierbilder zur allgemeinen Flut an Desinformationen beiträgt und Unwissen über die Natur und Biodiversität fördert.
Schönfärberei, Verniedlichung, Halluzinationen
„Reale Bilder sind daher heute wichtiger denn je, um Menschen über biologische Zusammenhänge aufzuklären und für Naturschutz zu sensibilisieren“, sagt Dr. Hannes Petrischak, Leiter des Geschäftsbereichs Sielmanns Naturlandschaften und Naturerlebnis bei der Heinz Sielmann Stiftung. „Das Foto eines Tiers in der freien Natur hat einen großen ökologischen oder verhaltensbiologischen Wert und erzählt eine spezifische Geschichte. Es zeigt das Tier in seiner natürlichen Umgebung mit seinem typischen Verhalten. Eine KI erzeugt dagegen aus ähnlichen Bildern, oft auch von anderen Arten, höchstens Näherungen an die Realität."
Oh, wie süüüüß?
Wenn die Bilder auch täuschend echt wirken, haben sie mit der Realität oft wenig zu tun, kritisiert der Experte. So neigt die KI zur Schönfärberei, zu idealisierten und verniedlichenden Darstellungen (Stichwort: Kulleraugen). Liegen nicht genug oder falsche Daten vor, beginnt die KI sogar an zu halluzinieren, fügt etwas hinzu oder lässt etwas weg. Zudem seien die KI-erzeugten Wildtiere oft unnatürlich sauber.
Die Heinz Sielmann Stiftung fordert darum eine verantwortungsvolle Mediennutzung und verlangt eine transparente und eindeutige Kennzeichnung von KI-Bildern sowie eine gründliche fachliche Prüfung.
Ehe ihr also beim nächsten Referat, euren Mitschüler:innen eine Libelle mit acht Beinen (ist das etwa eine Spinne?) und langen Fühlern präsentiert, guckt lieber nochmal genau nach, wie das Tier in Wirklichkeit aussieht.
Beispiele Original und KI-Tier:
Gelbbauchunke
+++BILD ENTHÄLT KI+++ Gelbbauchunke: Foto links: Original (© G. & R. Kistowski / wunderbare-Erde.de), rechts: KI-generiert (© Matthias Neumann/schaum.cc), verwendete Software: Midjourney
Gelbbauchunke: Besonders charakteristisch für Unken sind ihre herzförmigen Pupillen (l.). Im KI-Bild (r.) sind daraus ovale Frosch-Pupillen geworden. Ihre namensgebende Färbung hat die Gelbbauchunke ausschließlich auf der Unterseite am Bauch und Hals, von oben ist das Tier unscheinbar bräunlich und somit am Boden gut getarnt. Im KI-Bild sind auch die Beine und Finger gelb gefärbt. Der gesamte Körperbau entspricht im KI-Bild mehr einem Frosch als einer Unke. Das Maul der KI-Kröte ist deutlich breiter, die Augen stehen seitlicher ab. Zudem wirkt das Tier ungewöhnlich sauber.
Rote Röhrenspinne
+++BILD ENTHÄLT KI+++ Rote Röhrenspinne: Foto links: Original (©Sebastian Hennigs/hennigs-photography.de), rechts: KI-generiert (©Matthias Neumann/schaum.cc), verwendete Software: Midjourney
Rote Röhrenspinne: Das Originalbild (l.) zeigt ein Männchen der Roten Röhrenspinne: Es hat einen schwarzen Kopf und einen scharlachroten Hinterleib mit vier schwarzen Punkten, die wie auf einem Würfel angeordnet sind. Die Beine sind schwarz-weiß geringelt und weisen eine ebenfalls rötliche Behaarung auf. Das KI-Bild (r.) ist dagegen von der Realität weit entfernt. Neben der offensichtlich falschen Färbung sind auch die Augen der KI-Spinne viel zu groß geraten und erinnern in ihrer Anordnung eher an eine Springspinne.
© Sebastian Hennigs/Matthias Neumann
Wiedehopf
+++BILD ENTHÄLT KI+++ Wiedehopf: Foto links: Original (© Thomas Hinsche), rechts: KI-generiert (© Matthias Neumann/schaum.cc), verwendete Software: Midjourney
Wiedehopf: Die charakteristische Federhaube des Wiedehopfs (l.) ist in Realität ausgeprägter und sein Schnabel deutlich länger, als es die KI darstellt (r.). Dafür sind ihr die Schwanzfedern deutlich zu lang geraten. Ebenfalls übertrieben hat sie bei der Farbe des Gefieders, das in der Realität gedeckter ausfällt, um den Vogel am Boden zu tarnen. Außerdem verniedlicht die KI das Original: Augen und Kopf sind im Verhältnis zum Körper zu groß geraten. Immerhin richtig zeigt sie, dass Wiedehopfe Insekten fressen – allerdings gelingen diese ihr auch nur leidlich.
© Thomas Hinsche/Matthias Neumann
Feldhamster
+++BILD ENTHÄLT KI+++ Feldhamster: Foto links: Original (©Kerstin Hinze), rechts: KI-generiert (©Matthias Neumann/schaum.cc), verwendete Software: Midjourney.
Feldhamster: Die KI-Darstellung (r.) des Feldhamsters ähnelt eher einem Goldhamster. Das echte Tier (l.) ist deutlich größer und massiger, der Kopf ist länger und läuft zur Nase hin spitzer zu. Auch die arttypische braun-weiße Fellmusterung ist deutlich dunkler und kontrastreicher, als es die KI entwirft. Die Unterseite ist bei Feldhamstern schwarz gefärbt, beim KI-generierten Tier ist dort weißes Fell sichtbar. Auch in diesem Beispiel wird die Neigung der KI zur Verniedlichung deutlich. Augen und Kopf sind im KI-Bild deutlich überproportioniert.
© Kerstin Hinze/Matthias Neumann
Przewalzki-Pferd
+++BILD ENTHÄLT KI+++ Przewalzki-Pferd: Foto links: Original (© Ingolf König), rechts: KI-generiert (© Matthias Schaum/schaum.cc), verwendete Software: Midjourney
Przewalski-Pferd: Gut erkennen kann man Przewalski-Pferde an ihrer kurzen, bürstenartigen Stehmähne (l.). Im KI-Bild (r.) hat das Tier stattdessen eine Fallmähne. Der Schopf endet bei Przewalskis zwischen den Ohren, beim KI-Bild ragt er deutlich darüber hinaus. Da die Wildpferde ganzjährig im Freien leben, sehen sie entsprechend wild aus: Ihr Fell ist meist struppig und durch Bisswunden oder Narben von Rangkämpfen gezeichnet. Das KI-generierte Tier sieht dagegen aus, als käme es frisch gestriegelt aus dem Stall.
© Ingolf König/Matthias Neumann
Östliche Smaragdeidechse
Östliche Smaragdeidechse: Foto links: Original (©Dr. Hannes Petrischak), rechts: KI-generiert (©Matthias Neumann/schaum.cc), verwendete Software: Midjourney.
Östliche Smaragdeidechse: Die Männchen der Östlichen Smaragdeidechse sind zur Paarungszeit im Frühjahr zwar prächtig gefärbt, jedoch wird dies im KI-Bild (r.) stark überzeichnet, ebenso die deutliche Abgrenzung der einzelnen Schuppen. Auch die einheitliche Blaufärbung am Kopf, der zu lange Hals und die zu weit hinten positionierte Ohröffnung lassen erkennen, dass es sich nicht um ein echtes Foto der Art (l.) handelt.
© Dr. Hannes Petrischak/Matthias Neumann
Warzenbeißer
+++BILD ENTHÄLT KI+++ Warzenbeißer: Foto links: Original (©Ralf Donat), rechts: KI-generiert (©Matthias Schaum/schaum.cc), verwendete Software: Midjourney
Warzenbeißer: Auch bei dieser Heuschreckenart gerät der KI einiges durcheinander. Auf dem KI-Bild (r.) wirkt es so, als hätte das Insekt vier Beinpaare, also acht statt sechs Beine, wie es eigentlich korrekt wäre. Der Warzenbeißer ist eine Langfühlerschrecke. Die KI-Darstellung entspricht viel eher einem Grashüpfer, also einer Kurzfühlerschrecke. Das Original (l.) hat unter anderem deutlich längere Hinterbeine, die Augen sind kleiner.
© Ralf Donat/Matthias Neumann
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion; Pressemitteilung; Bilder: © Sebastian Hennigs, Matthias Neumann/schaum.cc - Stand: 2. September 2025