Im dunklen, dunklen Wald

Autorin: Ruth Ware
Deutsch von Stefanie Ochel

Buchcover

Nora erwacht schwer verletzt im Krankenhaus und kann sich nicht erinnern, was passiert ist. Sie weiß noch, dass sie auf Clares Junggesellinnenabschied war. Zu dem sie eigentlich gar nicht wirklich hingewollte hatte - schließlich hat sie Clare schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Trotzdem war sie mit ihrer alten Freundin Nina hingefahren. Was dann in dem gläsernen, abgelegenen Haus im "dunklen, dunklen Wald" geschah, erschließt sie sich Stück für Stück und mit ihren Erinnerungsbrocken kommt auch der Leser langsam dahinter, was und warum diese Party blutig endete.

Der Debüt-Roman von Ruth Ware wartet mit einer typischen, aber soliden Thrillerhandlung auf: Frau hat Gedächtnislücke, Verletzungen und fremdes Blut auf den Klamotten, wird verdächtigt, dann doch nicht, dann doch und am Ende ist alles anders als gedacht (oder auch nicht). Ich fand die Story  eher vorhersehbar, habe das Ende so, oder so ähnlich, kommen sehen und fand die Verhaltensweisen der Figuren teilweise etwas unglaubwürdig.

Allerdings: das macht rein gar nichts, dieses Buch ist nämlich trotzdem richtig super und eine absolute Empfehlung für alle, die mal wieder ein Buch verschlingen wollen (statt sich durch die Seiten zu quälen). Der besondere "Psychothrillerfaktor" entsteht hier weniger durch überraschende Wendungen und blutige Action, sondern vor allem durch die unerträglich fiese Atmosphäre, die die Autorin wirklich sehr überzeugend vermittelt. Die "ätzenden" Partyspielchen, das intrigante Gehabe oder auch einfach die Schlichtheit der Charaktere beschreibt sie in einer entlarvenden Art und Weise, so dass man mittendrin ist und sich, wie die Protagonistin, einfach nur noch weg wünscht.
Dabei gibt es auch viel zu lachen, da eine gehörige Portion Witz und Ironie in dem Text steckt. Auch sich selbst nimmt der Roman auf die Schippe, wenn die Figuren immer wieder auf andere Thriller verweisen, in denen sich die Protagonisten ähnlich bescheuert verhalten. Die üblichen "Thriller-Zutaten" und dunklen Vorzeichen werden dementsprechend auch immer ein bisschen überzogen: Ein Gewehr, das über dem Kamin hängt (natürlich nicht geladen!), ein dunkler, dunkler Wald, eine tote Telefonleitung, Spuren im Schnee, dunkle Botschaften vom Quija-Brett, eine beste Freundin, die die gleichen Klamotten wie die Braut trägt...uah! Der Leser ahnt, da kommt noch was. Und stimmt, da kommt noch was.

Ich habe das Buch auf jeden Fall in einem Rutsch durchgelesen, fand es unterhaltsam, lustig und auch zum Gruseln (vor allem auf menschlicher Ebene). Nichts ganz Tiefschürfendes, aber gut geschrieben, intelligent, extrem unterhaltsam und sehr spannend. Hoffentlich gibt es bald mehr von dieser Autorin!

*Erschienen bei dtv premium *

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    Autorin / Autor: luthien - Stand: 4. Oktober 2016