Der Gesang der Flusskrebse

Autorin: Delia Owens
Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel, Klaus Timmermann
Gekürzte Lesung mit Luise Helm

1951: Die sechsjährige Kya lebt mit vier Geschwistern und ihren Eltern in einer winzigen Hütte mitten in der Marsch. Umgeben von der sumpfigen Natur erfährt sie ein ganz anderes Leben als die Kinder in der Stadt. Als ihre Mutter die Familie ohne Abschied verlässt, zerbricht diese aufgrund des brutalen Vaters schnell, und auch ihre älteren Geschwister laufen davon. Schließlich bleiben nur noch sie und ihr Vater übrig. Dieser versucht, sich zu bessern und unternimmt Angelausflüge mit ihr, doch als dann - ein Jahr, nachdem Kyas Mutter verschwunden ist - ein Brief von ihr eintrifft, verlässt auch er sie. Von nun an ist die siebenjährige Kya auf sich alleine gestellt. Sie ist verzweifelt und fragt sich, ob sie der Grund ist, warum alle die Marsch verlassen. Trotzdem schafft sie es, sich eine Existenz in völliger Abgeschiedenheit aufzubauen, verkauft Muscheln, um wenigstens Geld für überlebenswichtige Dinge zu haben, wird von den Dorfbewohnern nur „das Marschmädchen“ genannt.

Sie liebt dieses Marschland und kennt sich besser in der Natur aus als jeder der stolzen Dorfbewohner. Im Laufe der Jahre wird man durch das Erwachsenwerden mitgeführt, erlebt, welche Abscheu Kya von den anderen Menschen entgegengebracht wird und fühlt mit diesem naturverbundenen, alleingelassenen Mädchen. Trotz all der Schwierigkeiten, die sie hat, hofft sie noch lange, dass ihre Mutter wieder zu ihr zurückkehren wird, und die Einsamkeit zusammen mit der Sehnsucht schaffen eine besondere Atmosphäre.

1969: Im Sumpf wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Chase Andrews, den das ganze Dorf kennt, ist tot - scheinbar ermordet. Für die Dorfbewohner ist klar, wer dafür verantwortlich sein muss: das Marschmädchen, über das massenhaft Gerüchte kursieren und das kaum jemand näher kennt.
Als Zuschauer von Kyas Leben kann man sich nicht vorstellen, dass dieses verlassene, einzigartige Mädchen wirklich zur Mörderin heranwachsen könnte, doch wer weiß, wem man am Ende vertrauen kann...

*Meine Meinung*
Die beiden Handlungsstränge wechseln sich sprunghaft ab, wodurch sie sich immer mehr verweben und eine fesselnde Spannung entsteht. Luise Helm verleiht der Geschichte als Vorleserin des Hörbuchs außerdem eine lebendige Art. Sie wirkte auf mich wie eine ältere Kya, die ihre Geschichte jemandem anvertraut.

Trotz der ungewohnten Situation, in der sich das Mädchen befindet, konnte ich mich in gewisser Weise mit ihr identifizieren. Sie verliert die Hoffnung nicht und versucht optimistisch zu bleiben.

Meiner Meinung nach handelt es sich bei „Der Gesang der Flusskrebse“ um eine unglaublich außergewöhnliche Geschichte, die es lohnt gehört (oder gelesen) zu werden. Mit nüchternen Worten werden wundervolle Bilder der Natur geschaffen, die mich in Kyas Welt gezogen haben. Ich fand diese aufmerksamen Veranschaulichungen berührend, und die kindliche Beobachtungsgabe stellt einem die unauffälligen Einzelheiten dieser eigenen Welt bereit. Als eines der Hauptthemen bildet das Marschland einen perfekten Schauplatz für die Geschichte: einsam, zurückgelassen und unerwartet schön.
Eben der Ort, an dem die Natur noch frei und wild sein kann - wo die Flusskrebse singen.

Was mir außer den Beschreibungen der Natur noch gefallen hat, ist die Botschaft, die das Leben des Mädchens übermittelt. Sie lebt unter scheinbar schrecklichen Bedingungen: in einer heruntergekommenen Hütte, wird von den Kindern aus dem Dorf ausgeschlossen, hat kaum Kleidung und nur wenig Nahrung, doch sie schafft es trotzdem.
In dieser Geschichte wird klar, wie wenig man eigentlich zum Leben braucht, wie viel Freude die kleinen Dinge bereiten können und was wir täglich konsumieren, ohne groß über Hunger oder Armut nachzudenken. Sie hat mich nachdenklich gestimmt und aus der alltäglichen Welt in eine ganz andere gezogen - in eine Welt, in der Probleme und Werte eine ganz andere Rolle spielen...

*Erschienen bei HörbuchHamburg*

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Autorin / Autor: Amélie - Stand: 15. Oktober 2019