Hausfrau

Autorin: Jill Alexander Essbaum
Übersetzt von Eva Bonné

Buchcover

Die Amerikanerin Anna Benz verheiratet und Mutter von drei Kindern lebt seit neun Jahren in der Schweiz. Sie bewohnt mit ihrer Familie ein schönes Einfamilienhaus am Ende einer Sackgasse nur zwei Straßen von der Schwiegermutter entfernt. Von außen betrachtet leben sie in einer Idylle und alles könnte wunderbar sein. Doch angekommen in der Schweiz ist sie immer noch nicht. Ist das hier ihr zu Hause? Ist sie glücklich? Sie weiß es nicht, in ihrer Einsamkeit versunken, die wahrscheinlich hauptsächlich aus fehlenden deutschen und schweizerdeutschen Sprachkenntnissen herrühren, stellt sie ihr Leben in Frage, sucht Ablenkung. Anna beginnt nach neun Jahren, auf Anraten ihrer Psycho-Analytikerin, ihres Mannes und ihrer Schwiegermutter endlich einen Deutschkurs. Was als erster Schritt in Richtung Heimatgefühle, Freundschaften und Herauskommen aus der Einsamkeit beginnt, entwickelt sich in völlig andere Bahnen.
Während die Jungs in der Schule sind und die Schwiegermutter die kleine Polly-Jean betreut, geht Anna ihrem Deutschkurs nach. Dabei lernt sie nicht nur ihre neue, beste und einzige Freundin Mary kennen, sondern auch Archie. Ein attraktiver Schotte, der mit seinem dialektisch gesprochenen Deutsch Eindruck auf Anna als Frau macht und dem sie nach Hause folgt.

Im Roman „Hausfrau“ wird die Protagonistin Anna dargestellt. Sie ist eine auf allen Seiten entwurzelte Frau. Trotz behüteter Kindheit verliert sie nach dem Verlust der Eltern den Halt und findet ihre Orientierung an Männern. Es mangelt ihr an Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, trotzdem ist sie intelligent und attraktiv. Für einen Mann verlässt sie ihr Heimatland. Sie besitzt keinen Führerschein, ist somit auf Züge angewiesen und macht sich abhängig von ihrem Mann und dessen Mutter sie irgendwohin mit dem Auto zu bringen oder abzuholen. Erst nach neun Jahren versucht sie mit Hilfe eines Deutschkurses das Land und die Leute verstehen und kennen zu lernen. Ihre einzigen Ausflüchte und Höhepunkte sind Treffen mit Männern, sie verschaffen ihr Geheimnisse und Vorfreude. Ihr Mann liebt sie über alles und „Anna war eine gute Ehefrau. Meistens.“ (S. 11) Schon der erste Satz deutet auf das Ende des Romans und die Entwicklung der Protagonistin Anna hin. 

Die 1971 geborene, texanische Autorin Jill Alexander Essbaum legt mit „Hausfrau“ ihren ersten Roman vor. Bisher veröffentlichte sie nur Lyrik.  Auch wenn das Ende am Anfang fest steht, verfolgt man die Entwicklung Annas mit Spannung. Die Autorin verliert Anna nicht aus den Augen, Szenen der Vergangenheit, Gespräche mit ihrer Psycho-Analyterin und innere Dialoge, reihen sich durch Absätze getrennt aneinander. Das Leben einer „Hausfrau“ wird hier spannend und authentisch beschrieben, die Geschichte einer Einwanderin, die keinen Anschluss findet und sich nur an die Kontakte ihres Mannes bindet und eine Frau, die ihre Einsamkeit genauso pflegt wie andere ihren Vorgarten. Ein Buch mit Anspruch, sowohl sprachlich als auch thematisch. Empfehlenswert,  für Erwachsene!


*Erschienen bei Eichborn*

    Deine Meinung zu diesem Buch?

    Autorin / Autor: likemoon - Stand: 5. Oktober 2015