Für niemand

Autor: Tobias Elsäßer
Gelungenes, aber schwer verdauliches Buch über Selbstmord, das einem noch lange nachgeht

Buchcover Für niemand

Widmung: Für alle Verrückten
Für wen lohnt es sich zu leben? Und wer darf entscheiden, wann man stirbt? Wir wurden in das Leben geschmissen, ohne das uns jemand gefragt hätte, also wäre es doch gerecht, wenn wir selbst darüber entscheiden dürften? So ist zumindest der Plan dreier Jugendlicher, die im Internet chatten und ihren „großen Auftritt“ sorgsam planen. Was sie nicht wissen, ist das ihre Pläne verfolgt werden. Ein Junge, der eine Hacker-Software programmiert hat, kommt ihnen auf die Schliche. Er liest regelmäßig als „blinder Passagier“ die schockenden Einträge mit. Die Charaktere sind Sammy, oder Sailor im Chat, eine frustrierte Tochter mit einer reichen Familie, die sich von der Liebe übergangen fühlt und so unter Bindungsängsten und Selbstzweifeln leidet, Nidal, oder Train, der trotz Intelligenz von allen Schulen fliegt und keine „Insel“ findet und zum Schluss Marie, oder Whisper, die trotz Freunden und Familie unter einer schweren Last zu leben scheint. Der letzte, tragende Charakter ist Joshua, der Entwickler des Hacker-Programms.

Sonst wird die Geschichte noch zusätzlich von Nebenstehenden, wie Lehrern oder Freunden geschildert. Durch dieses Element wechselt die Sichtweise öfters und es kommt „frischer Wind“ auf. Die Erzählung zeigt so nicht nur die Unglücklichen, sondern auch die Außenstehenden und auch die schwierige Situation von Joshua, der mit dem fertig werden muss, was er im Chat liest und versucht zu verhindern. Er kann jedoch keinen einweihen, da er fürchtet sie könnten sich schon vor der vereinbarten Zeit treffen und umbringen. So überbrückt er die Zeit bis zum Tag X und liest ihre Einträge weiter und die Chatmitglieder versuchen ihr Leben weiter zu leben.

Was mir sehr gut gefallen hat, war, dass die Beweggründe der Verzweifelten erst ganz zum Schluss aufgeklärt wurden und man als Leser die ganze Zeit mitdenken konnte, was einen zum Selbstmord treiben kann. Etwas enttäuschend fand ich dann doch zum Schluss die wirklichen Gründe, denn ich hatte mir etwas Vielschichtigeres gewünscht. Die verschiedenen Sichtweisen der Charaktere ist meiner Meinung nach gut hervorgehoben, sodass nie Zweifel aufkommen, wer was tut oder denkt.

Insgesamt finde ich das Buch sehr gelungen, wenn auch, was durch das Thema nicht zu ändern ist, etwas schwerverdaulich. Eben ein Buch von dem man noch länger etwas hat, weil man immer wieder zurück denkt und warum es so geendet hat. Kein Buch zum einfach so lesen, aber auch nicht schwer zu verstehen. Es ist schockierend zu erkennen, was unsere Gesellschaft uns doch für Möglichkeiten offenlegt, wie einen Selbstmord einfach im Chat zu planen.

Weiter >>

Autorin / Autor: carry - Stand: 19. Mai 2011