Frauengeschichten – Kulturgeschichten aus Kunst und Musik

Autorin: Anja Weinberger

Geboren wurden sie als Frauen und als solche waren sie für Großes bestimmt. Glanz und Ruhm sollten einige —überraschenderweise die meisten von ihnen— noch zu Lebenszeiten genießen dürfen. Dann, nach ihrem Tod, sind sie in Vergessenheit geraten.

Die Rede ist von den Komponistinnen, Pianistinnen, Sängerinnen, Malerinnen, Bildhauerinnen und Tänzerinnen, über die Anja Weinberger in ihrem letzten Buch „Frauengeschichten. Kulturgeschichten aus Kunst und Musik.“ berichtet. Die deutsche Autorin und Flötistin geht mit der Zeit und hat zum Ziel, mit ihren „Frauengeschichten“ die von der Forschung wiederentdeckten Musikerinnen und Künstlerinnen der letzten Jahrhunderte und ihre Errungenschaften der heutigen Gesellschaft näherzubringen.
Sie schreibt über ihre Kindheit, Beziehungen und deren für ihre Epoche oft außergewöhnlichen Werdegang. Zwischen den unzähligen Werken, Konzerten, Ausstellungen, Auftritten und Ehrungen der Frauen wird auch die ein oder andere Intrige aufgedeckt. Eintönigkeit und eine ereignislose Lektüre sind somit ausgeschlossen. Zudem ergänzt sie einige der Biographien mit wissenswerte Informationen zu weiteren berühmten Persönlichkeiten oder zum geschichtlichen Kontext. Die aufmerksamen Leser:innen bemerken schnell, dass die früheren Berühmtheiten den heutigen gar nicht mal so unähnlich waren.

Nicht selten gibt die Autorin im Laufe des Buches Privates und persönliche Ansichten kund sowie sie auch —mit äußerst einfühlenden Wörtern— immer wieder die Menschlich- und Bodenständigkeit der talentierten Frauen hervorhebt. Mit Letzterem trägt sie dazu bei, das Bild des unantastbaren Genies abzuschaffen und Musik und Kunst einem breit gefächerten Publikum zugänglicher zu machen.

Wirft man einen Blick auf die Titel dieses und ihrer vorherigen Veröffentlichungen, sticht einen Anja Weinbergers Liebe zur Kultur sofort ins Auge, sie setzt sich jedoch an erster Stelle — und stets mit einem friedlichen Ton, ohne die Konfrontation zu suchen — für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Genau genommen, geht sie noch einen Schritt weiter und setzt sich für Gerechtigkeit im Allgemeinen ein, indem sie auch über Männer berichtet — wie zum Beispiel Louis Spohr —, die ebenfalls Großes in ihrem Metier geschafft haben und zu Unrecht von den nachfolgenden Generationen vollkommen unbeachtet blieben.

Ich bin persönlich sehr erfreut, über Amelie und ihre Orgel erfahren zu haben, obwohl ihre Schwester Wilhelmine von Brandenburg-Bayreuth auch einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen hat. Dieses ist aber höchstwahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass ich seit kurzem in Franken lebe und ich anhand ihrer Lebensgeschichte vieles über die Kultur meiner neuen Heimat herausgefunden habe.

Zu guter Letzt sind die musikalischen und künstlerischen Schätze zu erwähnen, die sich hinter den QR-Codes der einzelnen Kapitel verbergen und die für ein einmaliges Leseerlebnis sorgen. Es sei jedem zu raten, sich die Konzerte anzuhören oder die Bilder anzuschauen, die der Verlag „Der Leiermann“ auf seiner Homepage zur Verfügung stellt, um noch tiefer in die Welt dieser grandiosen Frauen einzutauchen. Ironischerweise werden all diese Komponistinnen, Pianistinnen, Sängerinnen, Malerinnen, Bildhauerinnen und Tänzerinnen dank ihrer Unbekanntheit jetzt bekannt, denn wären sie nicht in Vergessenheit geraten, hätte Anja Weinberger „Frauengeschichten. Kulturgeschichten aus Kunst und Musik.“ niemals geschrieben. Wie zu sehen ist und wie so üblich, eilen die Frauen den Frauen immer zur Hilfe, wenn sie auch durch mehrere Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte getrennt sind.


*Erschienen bei Der Leiermann*

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Autorin / Autor: Melanie Flores Bernholz - Stand: 18. September 2023