Ein rassismuskritisches Alphabet

Autorin: Tupoka Ogette

Was genau ist eigentlich "Blackfacing"? Und was hat der Begriff mit den "Jim Crow" Laws zu tun? Tupoka Ogette bietet mit ihrem rassismuskritischen Alphabet Leser:innen die Möglichkeit, sich kritisch mit Rassismus auseinanderzusetzen.

Dafür stellt sie 26 Begriffe vor - für jeden Buchstaben des Alphabets einen. Dabei ist es der Autorin wichtig, dass das Alphabet genau das ist: eine Sammlung von Begriffen, die keineswegs vollständig ist und deren Reihenfolge sich am Alphabet orientiert, statt einer inhaltlichen Herleitung zu folgen. Sonst würde "Happyland" vielleicht vor "Ally" kommen, oder "Vorurteile" vor den Erläuterungen zu "Colorism". Außerdem beschränkt sich das Alphabet auf einen Begriff pro Buchstaben. Auch wenn ich gerne mehr Informationen, auch zu anderen Begriffen, bekommen hätte, gelingt es Ogette meiner Meinung nach auch auf diesem begrenzten Platz viele Denkanstöße rund um die Themen Rassismus und rassismuskritisches Denken und Leben zu geben.

Wer sich eine inhaltliche Struktur wünscht, die:der findet im Vorwort ein paar inhaltliche Leitfäden. Beschäftigt den:die Leser:in zum Beispiel die Frage, was Rassismus mit BIPoC (Black, Indeginous, People of Colour) macht, dann bieten die Einträge zu "Politisierung", "Race Based Stress" und "Emotional Tax" erste Anhaltspunkte. Wer das Buch einfach als Nachschlagewerk nutzen möchte, findet farblich hervorgehobene Querverweise, die auf andere Einträge oder im hinteren Teil des Buch kurz aufgelistete Begriffe und berühmte Personen verweist (quasi ein Mini-Glossar in einem Lexikon).

Dadurch sollte schon klar werden, dass das Buch, ähnlich wie Ogettes bekanntestes Buch "Exit Racism", keinen rassismuskritischen Workshop ersetzt. Aber es ist ein Schritt in eine gute Richtung. Denn wenn du weißt, welche Bedeutungen sich hinter Begriffen und Phänomenen verbergen, fällt es dir vermutlich leichter, rassistische Strukturen und Denkmuster in deinem Umfeld, in Institutionen und bei dir selbst zu erkennen und dagegen anzugehen. Der Autorin gelingt mit ihrem Buch eine Gratwanderung: Einerseits zeigt sie strukturellen Rassismus auf und erläutert, wie der in unserer Gesellschaft wirkt, andererseits gelingt es ihr immer wieder, einen Bogen ins Persönliche zu schlagen, sodass man sich als Leser:in durchaus ertappt fühlen kann. Dabei empfinde ich "Ein rassismuskritisches Alphabet" nicht als Anklage, sondern eher als Ressource, die es mir ermöglicht, auf einem rassismuskritischen Weg voranzukommen.

Als Hilfestellung enthält das Buch zu jedem Begriff Raum für eigene Gedanken. Dafür werden den Leser:innen mal kleine Denkaufgaben oder Fragen mit auf den Weg gegeben, manchmal ist weiterführende Literatur, ein Podcast oder ein YouTube Video aufgeführt. Diese Aufgaben gehen über das hinaus, was das Buch ohnehin anbietet: Eine kurze Erläuterung zu jedem Begriff, gefolgt von einem Take, der den eher nüchtern gehaltenen Eintrag einordnet. Wer sich weiter zu den Begriffen informieren will, kann zum Beispiel auf Tupoka Ogettes Instagramkanal vorbei schauen oder in ihren Podcast hineinhören.

*Erschienen bei cbj *

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Autorin / Autor: Johanna94 - Stand: 27. Februar 2023