Die letzte Wahl

Autor: Eric Sander

Nicholas Moor lebt ein recht durchschnittliches Leben: Nach einem missglückten Investigativ-Projekt hat ihn seine Zeitung in das Lokal-Ressort verbannt, wo er als Journalist nun von Vereins-Jubiläen und neu eröffneten Spielplätzen berichten darf. Einerseits ärgert ihn das, andererseits hat er so auch die Möglichkeit, endlich wieder mehr Zeit  mit seiner Tochter Hanna zu verbringen, die seit der Trennung von seiner Ex-Frau bei eben der lebt. So kommt es auch, dass die beiden ein Wochenende gemeinsam in den Bergen verbringen: Endlich können sie die Stadt hinter sich lassen und Schnee und Natur in vollen Zügen genießen!

Als kleine Überraschung hat Nicholas eine Drohne mitgebracht, die sogar mit einer Kamera ausgestattet ist. Zum Spaß lassen die beiden die Drohne steigen und machen kurze Selfie-Videos aus der Luft. Doch als sie eine Villa in der Nähe entdecken, ist ihre Neugier geweckt und Nicholas steuert die Drohen über den Zaun: Was sich wohl in dem abgeschirmten Gebäude abspielt? Doch noch bevor sie überhaupt erkennen können, was die Drohne beobachtet, stürmen bewaffnete Männer aus dem Gebäude und versuchen diese einzufangen – und entdecken kurz darauf auch Nicholas und Hanna.

Dieser Zwischenfall ist der Auftakt für ein Wettrennen gegen die Zeit. Denn was Nicholas nicht weiß: Er hat ein heimliches Treffen der rechten Volkspartei entdeckt, die dort ihre Pläne für einen Putsch in Deutschland finalisiert. Obwohl er sich eigentlich aus politischen Themen heraushalten wollte, findet sich Nicholas nun selbst im Fadenkreuz der Extremisten. Wird er es schaffen, sich lang genug vor ihren Anschlägen zu schützen, um ihre Pläne publik zu machen?

Eric Sander hat mit „Die letzte Wahl“ ein nach wie vor aktuelles politisches Thema aufgegriffen und daraus einen spannenden Thriller gemacht. Besonders im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 ist die Lektüre wirklich lohnenswert und erlaubt es dem Leser, das Zeitgeschehen durch eine ganz andere Brille zu sehen. Dabei hat man nicht das Gefühl, Sander wolle die Realität verklären oder ausschmücken, sondern er zeigt eine alternative Realität auf, in der eine rechtspopulistische Partei vor nichts zurückschreckt, um die Macht in Deutschland zu übernehmen. Dabei verwebt er die Geschichte von Nicholas auf geschickte Art und Weise mit der der deutschen Gesellschaft. Auch eigenständige Nebencharaktere treten auf.

An dieser Stelle habe ich jedoch manchmal den Eindruck, dass die Seitenanzahl dem Potential dieser weiteren Perspektiven und Personen nicht gerecht werden kann. Sander will viele Geschichten erzählen, die reich an Inhalt und vielschichtig sind – doch das reine Erzählvolumen reicht dafür nicht aus. Für die meisten Leser mag dies kein Problem darstellen, doch wer sich gerne vollständig in die Welt eines Romans hinein versetzt, mit all ihren Facetten, der könnte hier von der Art und Weise der Erzählung etwas enttäuscht sein. Als Jugendroman, bei dem mehr Inhalt auf weniger Seiten das Publikum oftmals eher begeistert, finde ich „Die letzte Wahl“ sehr gelungen. Für ältere Leser, die mit etwas mehr Anspruch an politische Themen herantreten kann ich es jedoch nur eingeschränkt empfehlen.


*Erschienen bei Lübbe Belletristik *

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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 13. September 2021