Die 13-Stunden-Tage unsichtbarer Kinder

Am 12. Juni ist Internationaler Tag gegen Kinderarbeit

Für uns, die wir in reichen Industrieländern leben, ist die Schnäppchenjagd nach billigen Klamotten, Spielzeug zu Spottpreisen oder preiswerter Elektronik ein geliebtes Hobby. Erst allmählich machen wir uns Gedanken darüber, von wem und unter welchen Bedingungen die Sachen eigentlich produziert wurden, die da in unserem Einkaufswagen liegen. Besonders in Asien arbeiten unter der Oberfläche boomender Wirtschaftsmärkte Millionen Kinder unter gefährlichen, schmutzigen und entwürdigenden Bedingungen. Sie werden auch „unsichtbare Kinder“ genannt, da viele von ihnen weder an Schulen angemeldet noch offiziell angestellt sind. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO schätzt, dass in Asien rund 48 Millionen Minderjährige dazu zählen, weltweit arbeiten etwa 215 Millionen Kinder.

Allein in Bangladesch arbeiten 7,4 Millionen Kinder: Sie bearbeiten 13 Stunden am Tag Motorenteile, verkaufen Gemüse bis Mitternacht, arbeiten als Schuhputzer, Müllsammler oder Tellerwäscher und verdienen dabei oft weniger als einen Euro pro Woche mit ihrer körperlich schweren Arbeit. Die Hälfte von ihnen hat noch nie eine Schule besucht. Jedes vierte Kind ist zwischen 6 und 11 Jahre alt. In den wachsenden Städten findet man sie in Geschäftsvierteln, in deren Nähe auch ihre Eltern Arbeit suchen. Auf dem Land arbeiten sie auf den Feldern, in der Lebensmittel verarbeitenden Industrie, in Ziegel- oder Textilfabriken.

Heute findet - wie jedes Jahr am 12. Juni - der internationale Tag gegen Kinderarbeit statt, und viele Organisationen und Vereine rufen Politiker, Unternehmen und auch uns KonsumentInnen dazu auf, gegen die Ausbeutung von Kindern als billige Arbeitskräfte vorzugehen.

Geschichte

Der Internationale Tag gegen Kinderarbeit wurde zum ersten Mal 2002 von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ausgerufen. Am 12. Juni jeden Jahres soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass weltweit ca. 215 Millionen Kinder arbeiten müssen. Viele davon ganztags und unter Bedingungen, die nicht ihrem Alter entsprechen.

Kinderarbeit, Gewalt und Löhne

Trotz einer gesetzlichen Schulpflicht und geltender Kinderschutzgesetze verschließe die Gesellschaft häufig die Augen vor dem Problem, meint Abid Gulzar. Er ist Leiter der Kinderhilfsorganisation World Vision in Asien. Zu den Ursachen zählt er „grassierende Armut und ein großes Einkommensgefälle in der Bevölkerung, Mangel an Bildung und fehlende soziale Sicherheit“.

Oft bringt Kinderarbeit auch verschiedene Formen der Gewalt hervor, zum Beispiel sind laut der Internationalen Arbeitsorganisation weltweit mindestens 10 Prozent der Beschäftigten im Tourismus Kinder. Davon werden laut UNICEF etwa eine Million sexuell ausgebeutet.

Eine der wichtigsten Ursachen dafür, warum Kinder überhaupt arbeiten müssen, liegt darin, dass die Eltern so arm sind, dass sie alleine ihre Familie nicht ernähren können. Andererseits entsteht durch die Kinderarbeit wiederum ein erhöhtes Angebot an billigen Arbeitskräften, womit sie niedrige Löhne stabilisiert. Ein Teufelskreis. "Die Zahl der Kinderarbeiter könnte rasch gesenkt werden, wenn Erwachsene für ihre Arbeit faire Löhne erhielten" erklärt das internationale Kinderhilfswerk terre des hommes. „Wenn der Lohn der Eltern für Nahrung, Unterkunft und den Schulbesuch ihrer Kinder ausreichen würde, wären sie nicht mehr auf die Arbeit und die kargen Einkünfte ihrer Kinder angewiesen. Dies würde weltweit zu einem drastischen Rückgang der Kinderarbeit führen“, sagte Barbara Küppers, Kinderrechtsexpertin von terre des hommes. „Existenz-sichernde Löhne für Textilarbeiterinnen bedeuten dabei nicht, dass Textilien unbezahlbar werden. Nur etwa zwei Prozent des Ladenpreises sind Arbeitskosten. Ein T-Shirt in Deutschland würde zwischen 20 und 50 Cent teurer“, so Barbara Küppers.

Pro Kinderarbeit!?

Neben all den Aufrufen zur Beendigung und zum Verbot der Kinderarbeit gibt es auch Gegenstimmen: Zum Beispiel vom gemeinnützigen Verein "ProNATs", der sich für die Rechte von arbeitenden Kindern weltweit einsetzt. Unter dem Slogan "Kinderrechte stärken, statt Verbote fordern!" gründeten Gewerkschafts-MitarbeiterInnen, Kinderrechtsorganisationen, „Dritte-Welt“-Solidaritätsgruppen, Bildungsstätten und Hochschulen 1997 eine deutschlandweite Projektgruppe, die sich gegen die Ausbeutung und für die Stärkung der arbeitenden Kinder engagiert.

In Deutschland setzt sich der mittlerweile als gemeinnützig anerkannte Verein dafür ein, dass es eine differenzierte Beurteilung von Kinderarbeit geben sollte, jenseits von Verboten. "Wir möchten gezielt gegen die Ausbeutung und den Missbrauch von Kindern am Arbeitsplatz vorgehen und die Verhältnisse und Bedingungen angreifen, die den freien Willen, die Möglichkeit zur Selbstbestimmung und die Rechte insbesondere arbeitender Kinder verletzen", heißt es auf der Webseite des Vereins. ProNATs versteht sich als Partner der Organisationen arbeitender Kinder und Jugendlicher in den Kontinenten des Südens, deren Erfahrungen und Anliegen sie im deutschsprachigen Raum bekannt und verständlich machen wollen. Ihr Ziel ist es, Kinder und Jugendliche in ihrem sozialen Handeln und in der Inanspruchnahme ihrer Rechte zu sensibilisieren, anstatt ihnen vorzuschreiben, wie sie leben.

Für den Verein und die Kinderbewegungen sind Arbeitsverbote nicht das richtige Mittel, denn sie würden arbeitende Kinder in die Illegalität drängen und sie rechtlos machen. Außerdem seien viele Kinder darauf angewiesen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, um zu überleben und viele Kinder könnten ihren Schulbesuch überhaupt erst durch ihren Verdienst ermöglichen. Arbeit, Bildung und Freizeit müssten sich nicht ausschließen, sondern sollten allesamt ermöglicht werden, so ProNATs.

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Autorin / Autor: Redaktion; - Stand: 12. Juni 2013