Ausgeblendet

Studie: Unser Gehirn will eine stabile Wahrnehmung - auf Kosten abweichender Details

Bild: LizzyNet

Ist euch eigentlich aufgefallen, dass Harry Potter im Film "Der Orden des Phoenix" in einer Szene ein schlichtes, hellblaues T-Shirt trägt und kurz darauf in der gleichen Szene ein dunkelblaues Shirt mit Knöpfen? Das ist euch entgangen? Dann habt ihr wahrscheinlich auch nicht bemerkt, dass Julia Roberts im Film Pretty Woman in einer Frühstückszene an einem Croissant knabbert, das sich bei der nächsten Einstellung in einen Pfannekuchen verwandelt hat. Solche Continutiy-Fehler passieren in Filmen häufig, wirken sich aber selten störend auf den Betrachter aus - aus dem einfach Grund, weil sie erst gar nicht bemerkt werden. Warum? Das Gehirn blendet solche kleinen Unstimmigkeiten einfach aus und bügelt die Abweichung mit dem zuvor gesehenen Eindruck aus.

Forscher University of California Berkeley und vom MIT glauben ein sogenanntes Continuity-Field (Kontinuitätsfeld) entdeckt zu haben. Damit wir ein Mechanismus beschrieben, der verschiedene, aber einander ähnliche Objekte miteinander verschmilzt, die wir in einem Zeitrahmen von 15 Sekunden sehen. Das Gehirn nutzt offenbar das Wissen, dass sich in der realen Welt Dinge nicht einfach in etwas anderes verwandeln und gaukelt uns - wenn es dann doch mit solchen Änderungen konfrontiert wird - offenbar eine Stabilität vor, die eigentlich gar nicht da ist. Da fällt es dann eben auch nicht weiter auf, wenn das Shirt  plötzlich eine etwas andere Farbe hat oder das Croisssant zum Pfannekuchen mutiert.

Überprüft haben die WissenschaftlerInnen um David Whitney das mithilfe von Freiwilligen. Die  Testpersonen sollten einen Strich auf einem Bildschirm mit Hilfe der Pfeiltasten so ausrichten, dass er zu einem daneben eingeblendeten Gitter passte. Das Gitter änderte sich alle 5 Sekunden. Statt aber den Strich stets dem Gitter anzupassen, neigten die Testpersonen in unzähligen Durchläufen offenbar dazu, den Strich gemäß einem Mittelwert aus den letzten drei Bildern auszurichten. Die Abweichungen werden einfach zusammenaddiert und zu einem neuen Bild verschmolzen. Dieser Kontinuitätseffekt funktionierte aber im Laborversuch nur, wenn die betroffenen Objekte dicht beieinander lagen. Waren Striche und Gitter auf unterschiedlichen, voneinander entfernt liegenden Bildschirmen zu sehen, wurden die Eindrücke aber nicht miteinander verschmolzen.

Warum aber lässt unser Gehirn zu oder verursacht sogar, dass in unserer Wahrnehmung blinde Flecken entstehen?
Die ForscherInnen glauben, dass eine Wahrnehmung ohne ein solches Continuity-Field dazu führen würde, dass man von der Vielzahl der Eindrücke überrollt wird. Wechselnde Lichteffekte, Bewegung oder allein schon die sich ändernde Mimik in einem Gesicht würden die Wahrnehmung visueller Reize zum reinsten Höllentrip machen. Das könnte einen Effekt verursachen wie unter dem Einfluss halluzinogener Drogen, meint Jason Fischer, der Hauptautor der Studie.

Wundert euch also nicht, wenn euch kleine Veränderungen in eurer Umgebung nicht auffallen. Euer Gehirn versucht einfach nur, euch einen möglichst stabilen Eindruck zu verschaffen.

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Quelle:

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 14. April 2014