All Better Now

Autor: Neal Shusterman
Übersetzt von: Andreas Helweg

Neue Pandemie, neues Glück: Das Virus verbreitet sich wieder über die bekannten Ansteckungswege, wieder mal sind Masken hoch im Kurs, Infektions- und Mortalitätsraten bestimmen die Nachrichten. Doch eine Sache ist diesmal anders: Wer genesen ist, ist anders. Immun gegen eine erneute Infektion, das natürlich auch, aber viel wichtiger ist etwas anderes. Wer von Crown Royal genesen ist, sieht die Welt mit neuen Augen, fühlt mit einem ganz neuen Herzen. Plötzlich herrschen Empathie und Verständnis, wo vorher womöglich Hass und Neid die Zügel in der Hand hatten. Wer Crown Royale überstanden hat, der ist erfüllt von einem tiefgreifenden Glücksgefühl und einer allumfassenden Dankbarkeit. Diesen Menschen fehlt es an nichts - entsprechend entwickeln sich Konsumausgaben für unnötige Dinge, und die Wirtschaft gerät ins Wanken.

Inmitten dieses sich anbahnenden Chaos lebt Mariel mit ihrer Mutter auf der Straße. Wobei nicht ganz - sie leben in ihrem Auto, haben also immerhin einen letzten Rücksichtsort. Sie machen sich Sorgen um ihre Sicherheit, und sie sollen recht behalten: Mariels Mutter infiziert sich und erkrankt.
Zur gleichen Zeit erlebt Tiburon das genaue Gegenteil: Sein Vater ist einer der reichsten Männer der Welt und schirmt ihn von allem ab, was ihm schaden könnte, so auch von dem neuen Glücks-Virus. Tiburon hatte in der Vergangenheit bereits Probleme mit seiner mentalen Gesundheit, entsprechend will sein Vater keinerlei Risiken eingehen.

Die Wege der beiden kreuzen sich zunächst nur kurz, doch obwohl sie es noch nicht wissen, werden beide im weiteren Verlauf dieser Pandemie noch eine entscheidende Rolle spielen. Denn während sich viele Menschen vor einer Ansteckung schützen wollen, gibt es auch andere, die eine Infektion bewusst in Kauf nehmen, um endlich zur Gruppe der Genesenen zu stoßen, deren Leben scheinbar so erfüllt sind wie nie zuvor. Doch diese Ansichten und Interessen führen zu unvorhergesehenen Entwicklungen und Konflikten, die nicht nur die Leben von Mariel und Tiburon auf den Kopf stellen...

Meine Meinung zum Buch

Die Prämisse von "All better now" ist wirklich sehr spannend: Ist das universelle Glück und die absolute Zufriedenheit ein Zustand, den wir anstreben sollten? Auf den ersten Blick auf jeden Fall, denn wer braucht schon Wut, Angst oder Hass? Doch was ist dieses Glück wert, wenn Zufriedenheit und Dankbarkeit keine Gegenspieler mehr haben, die uns erst ihren wahren Wert vermitteln? Diese Fragen wirft der Autor Neal Shusterman auf, ohne eine Antwort zu liefern, die entweder schwarz oder weiß ist. Stattdessen geht es um Nuancen, um Deutungshoheit und Machtinteressen, um Konsequenzen und die Art und Weise, wie unser Weltwirtschaftssystem funktioniert. Das Virus selbst gibt es zwar (noch) nicht, aber die Frage, die sich daraus ergibt, ist bereits höchst relevant.

Mich hat "All better now" wirklich gut unterhalten und ins Grübeln gebracht. Shusterman zeigt wunderbar auf, wie gesellschaftliche Konflikte entstehen und von verschiedenen Interessengruppen bewusst weiter angeheizt werden. An manchen Stellen hätte ich mir mehr Fantasie dafür gewünscht, was das Virus mit Menschen in verschiedenen Lebenssituationen macht. Ja, vereinzelt erfahren wir darüber, aber der Fokus der Erzählung liegt eindeutig auf Mariel, Tiburon und den weiteren Hauptcharakteren. Hier hätte ich mir anbetracht des Umfangs des Buches manchmal etwas andere Schwerpunkte gewünscht.

Alles in allem ist "All better now" ein wirklich spannendes Werk, das wir alle erst durch die Coronapandemie tatsächlich nachempfinden und als authentisch wahrnehmen können.

Erschienen bei Fischer Sauerländer

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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 13. Augsut 2025