Vom Modedesign zu Umweltwissenschaften

Amurtiger machte zunächste eine Modedesign-Ausbildung und hat anschließend noch ein Studium an der Universität Greifswald zu Umweltwissenschaften drangehängt. Sie erzählt, wie es dazu kam...

Du hast erst Modedesign gelernt und hast dann zu Umweltwissenschaft gewechselt. Wie kommt denn das? Hängt das irgendwie zusammen???

Ja, es gibt einen Zusammenhang zwischen meiner Ausbildung zur Modedesignerin und meinem jetzigen Studium. Im zweiten Ausbildungsjahr an der Designschule sollte jeder einen Vortrag zu einem Modedesigner und seinen größten Werken halten. Auf der Auswahlliste an Vortragsthemen gab es aber auch einen Vortrag mit dem Titel "Modeindustrie und Umwelt". Das fand ich viel interessanter und anspruchsvoller, als einfach nur die Biographie und ein paar entworfene Kleidungsstücke eines Modedesigners vorzustellen. Bei der Recherche zu diesem Vortrag ist mir vieles, was ich noch nicht wusste und wirklich äußerst interessant war, in den Schoß gefallen. Wie viel ökologischer und umweltfreundlicher die Mode- und Textilindustrie doch sein könnte, aber sie es noch lange nicht ist. Schon allein das Recherchieren, was Grundlage jeglichen wissenschaftlichen Arbeitens ist, hat mir total Spaß gemacht.

Wenige Monate später las ich einen Zeitungsartikel über den Studiengang Umweltwissenschaften, der mir bis dahin fremd war. Ich wurde neugierig und recherchierte an der Uni, die diesen Studiengang anbot, was dahinter steckte. Welche Vorlesungen werden angeboten? Was sind die Inhalte? Was ist das spätere Arbeitsgebiet? Ich war positiv angetan, wollte mich aber nicht naiv in die nächste Ausbildung stürzen (ich hatte bereits die Modedesignausbildung aus einen naiven Blickwinkel betrachtet und war letztendlich von der Ausbildung enttäuscht). Also bat ich meinen Lebensgefährten um Rat, da er zu der Zeit sein Studium zum Ingenieur für Verfahrens- und Umwelttechnik abschloss und sich somit besser auskannte als ich. Ich hatte seine vollste Unterstützung. Mein Lebensgefährte spielt also keine unbedeutende Rolle bei meiner Wahl für die Umweltwissenschaft. Den Studiengang hatte ich selbst für mich entdeckt und ich selbst hatte mich dafür entschieden. Aber mein Liebster hatte mich des öfteren mit ins Labor, wo er viel vom Studium aus zu tun hatte, mitgenommen. Und so lernte ich die Arbeiten in einem Labor kennen, für die ich mich sehr begeistern konnte. Der letzte Verbindungspunkt zwischen Modedesign und Umweltwissenschaft besteht in meiner Abschlusskollektion bzw. -arbeit zur Modedesignerin. Ich bekam das Oberthema "Zeitgeist", wozu sich jeder ein passendes Unterthema wählen sollte. Was lag für mich da näher als das Thema des Klimawandels aufzugreifen? Ich entwarf also eine Kollektion mit dem Titel "Sustainable", in der ich Naturfasern und synthetische Materialien zu einer transparenten Einheit werden lies. In meiner dazugehörigen Theoriearbeit "Sustainable - Klimawandel im Bezug auf die Bekleidungs- und Textilindustrie" hinterfragte ich unter anderem die Auffassung, dass Chemiefasern grundsätzlich schlecht und Naturfasern grundsätzlich gut seien für die Umwelt. Und nun war ich bereit, unsere Umwelt genauer zu studieren.

Wundern sich deine KommilitonInnen, wenn sie erfahren, was du vorher studiert hast?

Ja, wenn sie erfahren, dass ich aufgrund meines Alters zwischen Abi und Studium noch etwas anderes gemacht haben müsste, reagieren sie oft mit großem Interesse, so dass ich dann ersteinmal die obige Geschichte erzählen muss. Ich hör jedes Mal den Satz: "Wie passt das denn zusammen?"

Du bist ja offenbar recht kreativ. Kannst du diese Fähigkeit auch in deinem jetzigen Studium anwenden?

Definitiv. Beim Forschen muss man auch kreativ sein. Probleme erfordern Lösungsansätze, die einem oft viel Kreativität abverlangen.

Kannst du ganz kurz beschreiben, wie dein Studium aufgebaut ist/welche Schwerpunkte es gibt?

Das Studium ist stark physik- und chemielastig. Aber es ist ein interdisziplinärer Studiengang, also neben Physik und Chemie gibt es Teilbereiche aus Mathe, Biologie, Geologie, Mikrobiologie, Ökologie, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Besonders ist mir aufgefallen, dass in der Ökologie der Mikroorganismen (gehört zur Mikrobiologie) so gut wie alles zusammen kommt. Das ist eine Schnittstelle für Hydrogeologie bzw. Geologie, Biologie, Physik und Chemie.

Ist es so, wie du es dir vorgestellt hast?

Ja, ich fühle, endlich am richtigen Ort gelandet zu sein. Eine Uni ist genau das richtige für mich. Die Designausbildung absolvierte ich an einer Höheren Berufsfachschule, da war ich geistig unterfordert. Das praktische Arbeiten hingegen lag mir nicht immer. Das ist an der Uni anders, da es eine akademische und keine vorwiegend praktische Ausbildung ist.

Gibt es einen starken Männerüberhang in diesem Fach? Fühlst du dich wohl?

Nein, im Gegenteil, es gibt mehr Frauen als Männer! Und ich fühl mich sehr wohl. Wenn es mehr Männer geben würde, würde ich mich aber trotzdem wohl fühlen. Ich hatte noch nie ein Problem damit, mich unter einer Mehrheit von Männern durchzusetzen. Es fordert mich sogar. Ich weiß noch, im Geographie Leistungskurs damals am Gymnasium waren wir nur zwei Mädels in dem Kurs. Es hatte sehr viel Spaß gemacht. Zumal wir auch noch einen männlichen Geographielehrer hatten, den ich immer mit meinen feministischen Widersprüchen zur Weißglut treiben konnte. Keine Angst, es war aber alles nur Spaß **lach**

Was ist dein Lieblingsfach/-gebiet/-bereich?

Wie vielleicht schon angeklungen ist, finde ich die Ökologie der Mikroorganismen sehr spannend. In dem Bereich möchte ich dann gerne meine Bachelorarbeit schreiben.

Und was magst du gar nicht?

Manche chemische Fächer sind manchmal schwere Kost, z.B. Physikalische Chemie. Aber im Endeffekt ist es eigentlich doch nicht schwer, was wir davon wissen und können müssen. Unser Dozent bringt nur den Stoff in den Vorlesungen so kompliziert rüber, dass man ersteinmal nur "Hilfe!" schreien möchte.
Ansonsten sind die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften für einen angehenden Naturwissenschaftler doch recht trocken. Zwar machbar und manchmal auch recht interessant, aber wenn es darum geht, sich für die Prüfungen vorzubereiten, ist es bei diesen Fächern nur ein stupides Auswendiglernen. Das macht dann keinen Spaß.

Was empfindest du als Hürde und wie gedenkst du sie zu meistern ;-)?

Da fällt mir spontan grad keine Hürde ein **lach**. Im Ernst, ich komme mit dem Studium besser zurecht als anfangs gedacht.

Welche Berufe kommen denn nach erfolgreichem Abschluss dieses Studiums besonders in Frage?

Also um das zu beantworten, zitiere ich jetzt mal die Fachbeschreibung laut unserer Uni, denn ehrlich gesagt, kann ich es mir selbst noch nicht so recht vorstellen, wo genau ich später mit dem Abschluss überall anfangen kann.

"Absolventen des Studiums der Umweltwissenschaften sind insbesondere bei der Konzeption, Planung und Begründung sowie für die Leitung, Gestaltung und Durchführung umweltrelevanter Vorhaben geeignet. Dabei sind sie vor allem befähigt, einen nachhaltigen Interessenausgleich zwischen ökologischen und ökonomischen Erfordernissen zu entwickeln und sachkundig zu vertreten. Ihre Ausbildung qualifiziert sie zudem für Tätigkeiten als Umwelt-, Abfall- und Gefahrstoffbeauftragte in Betrieben, Ämtern und Behörden, für Gutachtertätigkeit und die Anfertigung von Ökologiestudien, z. B. bei der Erstellung von Umwelt-Audits und bei der Umweltzeichen-Vergabe.

Als Einsatzfelder für die Absolventen kommen insbesondere in Frage:
Energiewirtschaft
Abfallindustrie
Chemische Industrie
Wirtschaftsverbände
Landschaftsschutz- und Naturschutzverbände
Beratungsfirmen
Umweltämter
Umweltministerien
Umweltlabors in der Privatwirtschaft
Entwicklungshilfe
Weiterbildungseinrichtungen"

Also hört sich zumindest gut an ;-)

Dein persönlicher Wunschberuf nach diesem Studium?

Ich könnte mir vorstellen, in einem Labor zu arbeiten oder mich verbeamten zu lassen, sprich in einem Umweltamt zu arbeiten. Ich weiß es noch nicht zu hundert Prozent.

Warum kannst du dieses Studium empfehlen und wem?

Ich kann dieses Studium empfehlen, weil es alle Naturwissenschaften verknüpft. Was sehr wichtig ist, wenn man sich unsere gesamte Umwelt anschaut, da wirken nun einmal alle Naturwissenschaften zusammen. Und von jeder Naturwissenschaft das Wesentliche zu kennen ist wichtig, um die Gesamtheit der Umwelt zu verstehen. Wer natur(wissenschaftlich)interessiert ist, fleißig und strebsam, ist hier genau richtig.

Welche Fähigkeiten und Interessen sollte man unbedingt mitbringen? Welche kann man sich im Laufe des Studiums aneignen?

Also man sollte schon über ausreichend mathematisches und naturwissenschaftliches Verständnis verfügen. Wer beispielsweise mathematische Terme nicht umformen oder lösen kann, hat hier verloren. Das hört sich jetzt vielleicht lachhaft an, aber ich hatte wirklich Kommilitonen, die das nicht konnten und die sind inzwischen woanders hingewechselt.
Wer sich sagt, "Physik und Chemie hatte ich in der Oberstufe abgewählt (also zu meiner Zeit ging das jedenfalls noch), das kann ja dann bei mir nie was werden", der irrt. Auch ich hatte Physik gleich als erstes und Chemie dann als nächstes abgewählt. Dieses kann man sich im Studium mit etwas Fleiß aber wieder aneignen. Oft sind die Vorlesungen so gestrickt, dass die Dozenten erst einmal alle auf den gleichen Wissensstand bringen wollen. So gibt es in den ersten Wochen immer welche, die unterfordert und welche die etwas überfordert sind. Aber das pendelt sich dann im Laufe der Vorlesungen wieder ein.

Deine Energie-Botschaft zum Wissenschaftsjahr "Zukunft der Energie"?

Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien!

Vielen Dank und toll, dass wir dich interviewen dürfen...:-)))

Ich hab zu danken :-D

Autorin / Autor: Sabine Melchior/ amurtiger - Stand: 22. Febrauar 2010