Sprich es an! Rechtspopulistischer Sprache radikal höflich entgegentreten

Autor_innen: Tobias Gralke, Caroline Morfeld, Philipp Steffan

Sprich es an! ist ein Sachbuch oder vielmehr ein Ratgeber, das sich in leicht verständlicher Sprache vor allem an Jugendliche richtet und sie dazu ermutigen soll rechtspopulistischer Sprache radikal und höflich entgegenzutreten. Es ist ein kleines Taschenbuch von 106 Seiten und lässt sich sehr angenehm in einem Zug lesen.

Das Buch ist unterteilt in fünf Kapitel und ein Glossar. Die einzelnen Kapitel beschreiben jeweils eine eigene Stufe des Prozesses der schließlich zum „Ansprechen“ führen soll. Das erste Kapitel erklärt warum es überhaupt wichtig ist über Sprache zu sprechen, warum man darauf achten sollte wie man was sagt und warum eine Kritik am eigenen Sprachgebrauch oder an der Ausdrucksweise keine Einschränkung der Meinungsfreiheit ist.
Im zweiten Kapitel wird das Thema Framing näher betrachtet: Wie Sprache funktioniert, warum sie so wichtig ist und wie man durch die Wortwahl die Wirkung einer selben Tatsache beeinflussen kann. Vor allem wird darauf eingegangen wie Framing in der Politik und Öffentlichkeit gebraucht wird.

Nach der vorhergegangenen „Sprachlehre“ wird es im dritten Kapitel konkreter: Hier geht es darum, wie sich Rechtspopulisten_innen eben diese Eigenheiten unserer Sprache und unseres Sprachverständnisses zunutze machen. Mit welchen sprachlichen Mitteln sie erreichen, dass sie das, was sie meinen, nicht einmal wortwörtlich aussprechen müssen, um verstanden zu werden. Und warum sie damit Erfolg haben.
Im vierten Kapitel wird nun dazu aufgefordert das Thema in gegebenen Situationen anzusprechen. Dazu werden verschiedene Fallbeispiele herangezogen, anhand von welchen gezeigt wird, dass man einerseits nicht in allen Situationen gleich reagieren kann, andererseits aber wohl in jeder Situation rechtspopulistischer Sprache entgegentreten kann.
Das fünfte Kapitel schließt damit ab, wie man allgemein höflich Diskussionen führt und warum wir politisch korrekte Sprache brauchen.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da ich zum Einen das Thema, das darin angesprochen wird, sehr wichtig und interessant finde, zum Anderen auch die Umsetzung als gelungen empfinde, weil das Thema Sprache allgemein auch angesprochen wird und somit das Hauptthema gut und verständlich einbettet wird.

Positiv ist ebenfalls der leicht verständliche Schreibstil und die Begriffserklärungen im Text, da diese dafür sorgen, dass der Text auch für jüngere Jugendliche, welche auch zur Zielgruppe gehören, gut verständlich ist. Somit werden diese beim Lesen des Buches für das Thema rechtspopulistische Sprache sensibilisiert und allgemein auf das Funktionieren von Sprache und Framing aufmerksam gemacht.
Dieses leichte Verständnis der Botschaft, die das Buch übermittelt, wird vor allem unterstützt durch die alltagstauglichen Beispiele mit denen die Handlungsforderungen bildlich erklärt werden. Zudem ist das Buch sehr gut gegliedert. Wie man oben der Inhaltsangabe entnehmen kann, wird man als Leser, ähnlich wie bei einer Rede, zunächst zu dem Thema hingeleitet, woraufhin der Mittelteil das eigentliche Thema enthält. Mit Beispielen und Anwendungstipps wird der Leser schließlich in die Anwendung entlassen. Auch wichtig ist, dass die Autoren auch mögliche Bedenken bei der Umsetzung dieser Aufforderungen ansprechen und Alternativen ansprechen. So wirkt die Forderung „Sprich es an!“ nicht utopisch, sondern umsetzbar, wenn man genug Mut mitbringt.

Hier setzt auch mein erster Kritikpunkt an: Den Mut dazu muss man selbst mitbringen. Denn viele der genannten Beispielsituationen ziehen Konfrontationen mit sich in denen man als „Ansprechender“ nicht selten alleine dasteht. Dies ist natürlich selbstverständlich und gehört zu jeder Situation dazu in welcher man sich gegen den Strom stellt, doch hätte dies mehr angesprochen werden können, vor allem da die Zielgruppe unter anderem jüngere Jugendliche enthält. Diese haben in dem Alter sowieso schon mit der Angst nicht dazu zu gehören zu kämpfen. Darauf hätte man noch eingehen können, eventuell auch mit Vorschlägen wie man in solchen Situationen reagieren kann. Natürlich ist das Thema „radikal“ höflich entgegenzutreten, was natürlich immens wichtig ist, doch auch sehr herausfordernd.

Was meiner Meinung nach auch fehlt, sind packende Beispiele und Fakten, die das ganze Thema auf eine emotionale Ebene heben und dem Leser somit noch näher gehen. Man hätte historische Beispiele aber auch aktuelle politische Reden, Artikel oder Wahlplakate analysieren können und auf ihre konkrete Wirkung und Folgen aufmerksam machen können. Solche schockierenden Beispiele hätten zur Folge gehabt, dass die Forderungen der Autoren nicht nur als empfehlenswert, sondern vielmehr als unbedingt notwendig wahrgenommen werden.
Das Buch schließt mit einem Glossar und mit Quellen- und Literaturverweisen, welche meiner Meinung nach sehr gelungen sind. Viele der im Glossar erklärten rechtpopulistischen Begriffe waren mir mit der Bedeutung nicht bekannt gewesen. Und auch viele der genannten Artikel führen die einzelnen Themen des Buches weiter und gehen tiefer darauf ein.

*Erschienen bei Verlagsgruppe Oetinger*

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Autorin / Autor: Kadidja Filiz Saruhanoglu - Stand: 17. August 2020