Am Ende der Sonne

Gehört, gesummt, verfallen - SLAYETTE stellt das neue Album von Farin Urlaub vor

Am Anfang war er wohlbekannter Gitarrist und grinsender Sänger der Ärzte, dann machte Farin Urlaub sich selbstständig und hat nun sein zweites Album herausgebracht. Am Ende (der Sonne) ist man restlos begeistert von ihm und seiner Musik.

*Düster aber berührend*
Vorbelastet durch Dauerohrwürmer von „Endlich Urlaub“ zog mich eine unsichtbare und doch mächtige Kraft zum Plattenladen und ließ mich, willenlos wie ich war, einfach die CD kaufen. Erst zu Hause konnte ich wieder klare Gedanken fassen und schob die CD ein, während ich noch interessiert das Booklet durchblätterte (wir lieben Schwarz-Weiß-Photographie…). Bevor ich mich versah, wurde meine klar geordnete Welt wieder außer Kraft gesetzt, ich wurde erfasst von einem Strudel aus Urlaubschen Klängen. Gitarren, Bässe, Schlagzeug und alles gespielt vom Meister selbst; nun gut, unterstützt auch von Lakaien an den Blas- und Streichinstrumenten sowie Pianos. Selbst nachdem das letzte der 14 Lieder verklungen ist, summe ich leise Melodien, die sich nun festgesetzt haben. Dies nur zur kurzen Erläuterung dessen, was Musik so mit dem menschlichen Organismus anstellen kann! Nun zurück zum eigentlichen Thema: Am Ende der Sonne! Wir lieben Farin alle für seine unglaublich lustigen Texte, die manchmal doch etwas seltsam scheinen und auch die erste Single Auskopplung „Dusche“ verspricht wieder, trotz der harten Gitarrenriffs, eine Menge „Nonsens-Musik“. Aber nur zum kleinsten Teil beschäftigt sich das Album mit fliegenden Toastern, brennenden Fernsehern und intrigierenden Fußmatten. Es ist ein eher düsteres Album, berührt und erinnert an die Schattenseiten des Lebens.

*Vielen aus der Seele gesprochen*
Und doch ist die allgemeine Aussage eine positive. „Sonne“ sagt uns, dass jeder Mensch traurig ist, und dass nicht nur manchmal, sondern eigentlich doch ziemlich oft - und doch ändert sich nichts, die Welt dreht sich weiter und kümmert sich nicht um das Befinden des Einzelnen. Es gilt, weiter zu leben und Liebeskummer und andere Belastungen hinter sich zu lassen. Man muss das eigene Glück selbst in die Hand nehmen, man sollte es jedoch nicht zu hart anpacken, denn sonst zerbricht es wie „Porzellan“. Das Gefühl einfach keine Lust mehr auf das eigene Dasein zu haben, einfach Schluss mit dem Leben zu machen, findet sich sowohl in dem Lied „Unter Wasser“ als auch (und zwar ganz heftig) in „Kein Zurück“ wieder. Thematisiert wird die Einsamkeit des Einzelnen, der nach Liebe lechzt und doch immer und immer wieder enttäuscht wird. Und doch lautet die Ansage, dass kein Leben nicht nur kein Schmerz und kein Pech bedeutet, sondern genau so kein Glück, keine Freude und kein Happy End. „Kein Zurück“ spricht, glaube ich, vielen aus der Seele, spinnt den Gedanken „was wäre wenn“ aus und zeigt, was Tod eigentlich für dich und dein Umfeld bedeutet. Die ewige Suche der Menschen nach einem erfüllten Leben und vor allem Liebe spiegelt sich in fast allen Liedern wieder. Die Gleichheit der einzelnen Leben wird herausgehoben, denn im Grunde wollen „Alle dasselbe“. Verpackt werden diese vielfältigen Emotionen und Messages in durchgehend melodische Stücke die zwischen gaaanz hart, schnell und laut und gaaanz zart, langsam und leise variieren. Und wer jetzt enttäuscht ist und meint, ein sülziges Griesgram-Album vorzufinden, wird geködert mit typischen Farin U. Songs wie „Wie ich den Marilyn-Manson-Ähnlichkeitswettbewerb verlor“ oder „Dermitder“(übrigens einer meiner Favoriten, man muss einfach dazu tanzen).

*Persönlich ergreifend*
Zusammenfassend kann ich eigentlich nur sagen: SOFORT KAUFEN! Aber da das doch wohl etwas platt rüber kommen würde, drücke ich es lieber etwas diplomatischer aus. Also: Ein klasse Album, tolle Musik, phantastische Texte und ein hübsches schwarz-rot-weißes Cover. Ich glaube, dass die Musik jeden persönlich ergreifen wird, zumindest jeden, der sich mit den Texten auseinander setzen mag, für alle anderen gilt: einfach tollen Rock genießen!

Autorin / Autor: SLAYETTE - Stand: 7. April 2005