Die nackte Frau

Autorin: Elena Stancanelli
Übersetzt von: Karin Diemerling

Buchcover

Als Anna herausfindet, dass ihr Freund Davide ihr nicht nur wie üblich fremd geht, sondern sich auch noch richtig verliebt hat, flippt sie aus und spioniert Davide auf alle erdenklichen Weisen hinterher. In einem (sehr ausführlichen) Brief an ihre Freundin Vale, die Anna während ihrer Eifersuchtsphase als treue Freundin und geduldige Zuhörerin begleitet hat, schildert Anna ihre Qualen und Gedanken sowie wie es zum Befreiungsschlag kam.

Laut Klappentext ist dieses Buch eines, das von der Liebe handelt und die Wunden, die sie schlägt. Es ist von einem literarischen Skandalerfolg die Rede und von Obsession und einer nie dagewesenen Darstellung von Liebeskummer und Eifersucht.

Zugegeben, mich hat das Thema des Buches sehr gereizt, zumal Eifersucht mir durchaus bekannt ist. Auch die ersten Seiten haben mir gut gefallen, weil man doch sehr schnell einsteigen kann und in einen Lese-Sog verfällt. Aber ansonsten hat mich der Roman eher enttäuscht.

Ich konnte mich kaum mit Anna identifizieren, auch weil man einfach nicht mit ihr mitfühlen kann. Jeder Gedanke wird seziert und dargelegt bis aber auch wirklich gar nichts Spannendes mehr daran ist. Der Witz an Eifersucht ist ja irgendwie auch, dass sie so irrational und manchmal auch so unerklärlich ist, aber hier wird sie so durchleuchtet und gedreht und gewendet, dass man sie gar nicht nachspüren kann.

Das Buch ist eher ein Sinnieren und Geplauder über Beziehungen und über Sex und handelt die Liebe lieb- und leidenschaftslos ab. Gefühle kommen nicht auf beim Lesen. Und der Skandal scheint sich darauf zu beschränken, dass eine Geliebte ihrem Lover Bilder von ihrer rasierten "Möse" schickt, was die Eifersuchtsgeplagte dann auch gleich mal ausprobiert. Dann kommt es noch zu diversem Sex, zu Drogenkonsum und ein bisschen Gewalt (der Befreiungsschlag) und die Geschichte ist zu Ende, alles garniert mit ein paar literarischen Zitaten und philosophischen Einschüben.

Vielleicht liegt es daran, dass ich mir etwas anderes vorgestellt hatte, vielleicht hab ich den Zauber nicht erfasst. Mich hat dieser Roman jedenfalls gelangweilt, obwohl er sich gut lesen ließ, ich fand ihn weder skandalös noch erhellend noch aufregend. Er bietet Einblicke in eine gequälte Seele (die ein Talent hat für das Erraten von Passwörtern). Die Gequälheit aber wird nur beschrieben, bleibt aber unglaubwürdig, weil sie für den Leser nicht sinnlich erfahrbar ist.

*Erschienen bei Piper*

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Autorin / Autor: merceda - Stand: 9. Oktober 2017