Was die Wörter erzählen

Autorin: Waltraud Legros

Mal ehrlich, ist euch jemals aufgefallen, für wie viele Wörter es in der deutschen Sprache zwei Bedeutungen gibt? Warum sind denn „alle“ Kekse „alle“, wenn die Dose leer ist? Und Äpfel können schließlich genauso gut „faul sein“ wie Menschen. Oder wusstet ihr, dass so urdeutsch klingende Ausdrücke wie „todschick“ und „mutterseelenallein“ ursprünglich aus dem Französischen stammen?

Über all dies hat sich Waltraud Legros in ihrem Buch „Was die Wörter erzählen“ Gedanken gemacht. Durch ihren Beruf als Deutschlehrerin in Frankreich wird sie von ihren Schülern immer wieder auf die vielen Ungereimtheiten und Zweideutigkeiten des Deutschen hingewiesen, und so veröffentlichte sie nun ihre gesammelten Erfahrungen in diesem Buch. Mit einzelnen Geschichten rund um ausgesuchte Wörter versucht die Autorin, uns die Rätsel unserer oft erstaunlichen Muttersprache näher zu führen.

Dazu geht sie genauer auf Entstehung und Herkunft der einzelnen Begriffe ein, zeigt deren besondere Merkmale auf und erklärt die Unterschiede im Gebrauch der Sprache im Vergleich zum Englischen und Französischen. Waltraud Legros veranschaulicht so anhand ihrer Geschichten den Einfluss der Sprache auf die Mentalität und Kultur. Außerdem entlarvt die Verfasserin vermeintlich deutsche Wörter, die jedoch nur mit der Zeit komplett eingedeutscht wurden, siehe „kaputt“ oder auch „Streik“. Sie scheut aber auch nicht, geläufige, wenn auch abstrakte Alltagswörter wie „Schuld“ und „Macht“ etymologisch anschaulich zu erklären und zu deuten. Sogar ein kleiner Exkurs in die Sphären der berüchtigten deutschen Grammatik fehlt nicht, die grammatikalischen Besonderheiten wie unter anderem „ß“, zusammengesetzte Wörter und der streng konstruierte Satzbau werden genauer unter die Lupe genommen. Dabei lässt es Waltraud Legros auch nicht an Kritik und Verbesserungsvorschlägen für die Rechtsschreibreform mangeln.

*Kleine Geschichten*
Die meisten Begriffe werden durch kleine Anekdoten, Gedichte und Zitate lebendiger dargestellt, und so ergibt sich für jedes Wort eine kurze für sich abgerundete unterhaltsame Geschichte, die oftmals auch einen erstaunlich aktuellen Bezug bietet, sowie zusätzliche Anregungen zum Nachdenken. Man kann das Buch natürlich von vorne nach hinten lesen, oder, da es eher wie ein Lexikon strukturiert ist, auch kreuz und quer von Wort zu Wort, es ist jedem überlassen, sich seine Reise durchs Wörterland individuell zusammenzustellen. Das Buch ist in einem leicht verständlichen, amüsantem, flott zu lesenden Stil verfasst und selbst schwierigere grammatikalische Probleme werden anschaulich erläutert.

Insgesamt lässt sich sagen, dass „Was die Wörter erzählen“ ein schönes Buch für alle an Sprache Interessierte ist, die sich gerne auch mal ein paar Gedanken über ihre Muttersprache und überhaupt der Möglichkeiten und Grenzen von Sprache machen. Trotz des einfachen Stils ist dieses Buch aber schon ein Erwachsenenbuch und oftmals inhaltlich auch recht anspruchsvoll. Doch davon solltet ihr euch nicht zu sehr abschrecken lassen, denn diese vergnügliche und trotzdem auch so lehrreiche Wörtererkundungsreise, bei der sich zahlreiche ungeahnte Perspektiven, Deutungen und Einblicke offenbaren, wäre es einfach zu schade, nicht unternommen zu werden!

Autorin / Autor: mora - Stand: 5. September 2003