Das eiserne Herz

Netter Gruselfix!

Pech für den Uhrmacher-Gesellen Karl: Morgen muss er als Gesellenstück eine Figur für das berühmte Glockenspiel seiner Heimatstadt abgeben, und dabei hat er noch nicht mal mit der Arbeit begonnen. Da kommt es ihm gelegen, dass der geniale aber unheimliche Meister-Uhrmacher Dr. Kalmenius ihm eine seiner eigenen Figuren anbietet, Ritter Eisenseele. Verzweifelt willigt Karl ein, nichts ahnend, dass schon Jahre zuvor der Fürst der Stadt einen ähnlichen Handel eingegangen ist – mit katastrophalen Folgen...

Diese kurze Geschichte unterscheidet sich stilmäßig sehr stark von den anderen Pullman-Büchern, die ich bisher gelesen habe. Während z.B. die Serie His Dark Materials mit detaillierter Charakterentwicklung und geschickt eingearbeiteten philosophischen und theologischen Fragestellungen glänzt, handelt es sich bei Das Eiserne Herz um genau das, was es schon auf den ersten Blick zu sein scheint: Ein Märchen. So hat diese Geschichte viele der gleichen Nachteile, die für „richtige“ Märchen typisch sind (oder jedenfalls Dinge, die ich als Nachteile empfinden würde, wenn sie hier nicht so gut in den Erzählstil passen würden): Die Charaktere sind nur grob gezeichnet und flach, es bleibt nicht viel Zeit für Charakterentwicklung. Am Ende wird man zwar mit einer aufmunternden Moral belohnt, aber leider bleiben viele Fragen offen. Und last but not least ist dieses Buch unheimlich kurz; wenn man die niedlichen, ganzseitigen Illustrationen nicht mitzählt, bleiben sogar nur ca. 75 recht groß bedruckte Seiten.

Zielgruppentechnisch richtet sich Das Eiserne Herz eindeutig eher an jüngere Leser. Laut Umschlag wird es ab 11 Jahren empfohlen, ich könnte mir aber vorstellen, dass die Mehrzahl der ein oder zwei Jahre Jüngeren auch kein Problem damit hat. Denn obwohl das Buch eine sehr dunkle, spannungsgeladene Atmosphäre schafft, wird diese allein durch die putzigen Illustrationen immer wieder aufgelockert. Außerdem kommt man sehr schnell zum aufmunternden Ende und kann dann gelassen zurückblicken.

Wenn man sich von dieser geballten Märchenhaftigkeit nicht abschrecken lässt, kann man mit diesem Buch aber auch als älterer Leser trotzdem seinen Spaß haben. Es handelt sich um nicht mehr (aber auch nicht weniger) als einen schnellen Gruselfix, den man sich gut mal geben kann, wenn man mal eine Dreiviertelstunde Ablenkung braucht.

Autorin / Autor: zachanassian - Stand: 21. März 2005