Der Herr Albert

Autor: Frank Vermeulen
Ein Roman über Einsteins Gedankenexperimente

Schon zahlreiche Bücher über Albert Einstein, die mit komplizierten Formeln seine Arbeiten lang und breit erläutern, wurden verfasst. Doch dies hat man von diesem Roman nicht zu erwarten. Denn es ist für Jugendliche als kleine Einstiegsgeschichte geschrieben, um sich für dieses Thema begeistern zu lassen.

*Worum geht es?*
Der Roman „Der Herr Albert“ von Frank Vermeulen erzählt, wie sich das 15-jährige Mädchen Esther Albert Einsteins Relativitätstheorie Schritt für Schritt nähert. Die Geschichte beginnt damit, dass das junge Mädchen Esther zu ihrem 15. Geburtstag ein Originalfoto mit Albert Einstein geschenkt bekommt. Schon lange war sie von Albert Einstein begeistert, hatte aber nie damit begonnen, sich für seine Arbeiten zu interessieren. Das sollte sich von nun an ändern. Als sie nämlich noch am selben Abend zu Bett geht, erwacht eine neue Figur auf dem Foto. Zunächst erscheint es ihr wie ein Traum, doch dann stellt sich heraus, dass es ein früherer Beobachter Einsteins ist. Beobachter waren diejenigen, die Experimente in Einsteins Gedanken durchgeführt haben. Dieser Beobachter nennt sich Nils und führt Esther von nun an auf ihrem Weg zu Einsteins Relativitätstheorie. So lernt Esther täglich immer ein Stückchen dazu. Der Leser begleitet sie dabei und wird ganz nebenbei zum Mitlerner.

Stück für Stück dem Ziel näher kommen

Genauso klettert Esther den Berg, auf dessen Spitze Einsteins Relativitätstheorie aufgebaut ist, hinauf. Nils und ihr Opa müssen dabei ganz am Anfang beginnen und erklären Esther zunächst von Galilei, Newton und vielen anderen Wissenschaftlern und ihren Entdeckungen. Diese Grundlagen bilden also zunächst das Fundament, auf das später zurückgegriffen wird, um die darauf folgende Relativitätstheorie zu verstehen. Der Roman ist insgesamt in 25 Kapitel unterteilt, die jeweils ein Gebiet behandeln. So hat man als Leser eine gute Übersicht, wenn man ein Thema noch einmal nachlesen möchte. Kleine Skizzen helfen teilweise zum Verständnis und verdeutlichen einzelne Formeln und Theorien. Der Schreibstil besteht fast ausschließlich aus Dialogen, bei der Esther im Wechsel von Fragen und Antworten langsam ihrem Ziel näher kommt.

Meine Meinung

Als ich das Buch in der Hand hielt, stieg eine kleine Vorfreude in mir auf. Genau wie Esther fand ich Einstein sehr interessant, hatte mich aber noch nie mit ihm beschäftigt. Mein erster Gedanke war also, ob dies wohl eine Chance war ohne großen Aufwand und Bücherwälzen an Einstein und seine wichtigste Entdeckung, die Relativitätstheorie, heranzukommen. Doch leider muss ich sagen, dass ich mich zu früh gefreut hatte, da es nicht so einfach wurde, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Die Handlung beginnt ganz normal mit einem Geburtstag, doch schon kurz darauf, bricht sie ab. Dadurch fehlt das gewisse Etwas, das die Neugierde weckt, alles erklärt zu bekommen. Anders als Esther, die anscheinend durchweg alles aufnehmen und erläutert bekommen kann, ohne dabei einzuschlafen, muss sich der Leser von Formel zu Formel schleppen. Da die Haupthandlung fehlt, hält man das nicht lange durch und muss sich geradezu zwingen zu lesen, wenn man mehr als zehn Seiten am Stück schaffen will. Der Leser wird dabei so von Theorien bombardiert, sodass der Kopf sich schnellst möglich eine Pause gönnen möchte. Eine Handlung hätte dies verhindern können, und es wahrscheinlich gleichzeitig interessant gemacht, weiterzulernen. Esther scheint dies alles überhaupt nichts auszumachen. Sie müht sich kaum ab, erscheint durch ihr schnelles Verständnis wie ein kleiner Computer, der alles aufnimmt, abspeichert, und die für den nächsten Absatz erforderliche Frage ausspuckt. Das macht leider einen unnatürlichen Eindruck.

Aber ich möchte nicht nur auf den schlechten Seiten des Romans rumhacken, denn er hat schließlich auch gute. Es ist vielleicht nicht ein Buch für jedermann, aber ist man naturwissenschaftlich interessiert oder möchte sich in diese Richtung begeistern lassen, ist es ein perfekter Einstieg. Beispielsweise erfährt man ein richtiges Erfolgserlebnis, wenn man wie Esther etwas verstanden hat, auch wenn das manchmal heißt, dass man einen Absatz zwei- oder dreimal durchlesen musste. So ist es eine gute Alternative zu dicken Physik- und Mathematikbüchern, die man vielleicht hätte durcharbeiten müssen, anstelle dieses kleinen Romans.

Mein Fazit

Ich bezweifle, dass dieses Buch einem mal eben die Relativitätstheorie beibringen kann. Ohne Handlung - nur die Schülerin Esther und ihre zwei Lehrer Nils und ihr Opa - erinnert es zu sehr an ein Schulbuch, das notdürftig in einen Roman umgeschrieben wurde. Wen dieses Thema allerdings interessiert, sollte sich auf jeden Fall mal hineinlesen und sich mit mehr Prosa und weniger Formel, wie es im Buch genannt wird, „albertisieren“ lassen. Ich würde „Der Herr Albert“ für aufgeweckte Jugendliche ab 14 Jahren empfehlen.

Kurz gesagt: Man muss also schon ein kluger Kopf sein, wenn man am Ende der Geschichte behaupten kann, Einsteins Relativitätstheorie verstanden zu haben. Allerdings möchte ich es nicht als unmöglich abstempeln. Denn wenn ich Einstein zitieren darf: „Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen.“ Und genauso wird man es, wenn auch vielleicht erst nach dem zweiten Durchgang, auch wie Esther eines schönen Tages verstehen – und das gilt nicht nur für diese Theorie.

Autorin / Autor: s7illwat3r - Stand: 14. November 2005