Heimliche Rache

Autorin: Ulla Mothes

Der 2009 im Schenk Verlag erschienene Jugendroman „Heimliche Rache“ von Ulla Mothes ist auf alle Fälle für eine Überraschung gut.

Was mit einem Buchumschlag im Retro-Look der Siebzigerjahre und dem Hinweis, dass es sich um ein Buch der Reihe „Starke-Mädchen-Stories“, kurz: „SMS-Bücher“ handelt, derart an nostalgische Jungmädchenlektüre a la „Hanni und Nanni“ erinnert, dass meine Mutter, die mir beim Auspacken des Buches zuschaut, in verzücktes Quietschen ausbricht und sich an ihre jungen Jahre erinnert fühlt, entpuppt sich schließlich als waschechter Jugendkrimi mit Intrigen, Rachefeldzügen, Mordlust und allem, was dazu gehört.

Jana, die Protagonistin und Ich-Erzählerin des Romans, erhält an ihrem achtzehnten Geburtstag ein Päckchen. Darin befindet neben einem Brief ein vergilbtes Büchlein, vollgeschrieben bis zur letzten Seite.
Und schon zieht der Strudel von Janas Erinnerungen den Leser mit in die Vergangenheit, in jenen Sommer, als Jana zwölf Jahre alt war...

In diesem Sommer lernt sie auf dem Spielplatz den gleichaltrigen Bruno kennen, der mit seinen Eltern vor kurzem in das alte Gutshaus gezogen ist, der nur in Begleitung einer merkwürdigen Kinderfrau hinaus darf, der so seltsam jähzornig und aufbrausend ist, der sich nie in die Gruppe der spielenden Kinder einfügen kann, der Jana zugleich verwirrt und imponiert, in der Art und Weise, wie er um ihre Gunst wirbt.

Schnell macht Bruno deutlich: Er will Jana für sich allein. Die Ferien soll sie mit ihm im Gutshaus seiner Eltern verbringen.
Als Jana in diesen Plan einwilligt, taucht sie ein in die merkwürdig beklemmende Atmosphäre des alten Hauses, in dem sie sich von Anfang an unbehaglich fühlt – freilich ohne zu wissen, dass sie längst in tödlicher Gefahr schwebt…

Doch, was ist es, was das alte Gutshaus wirken lässt, als läge ein schwerer Fluch über ihm?  Was hat es mit dieser merkwürdigen Krankheit auf sich, unter der Brunos Mutter leidet und über die alle schweigen? Was sucht die seltsame Kinderfrau heimlich auf dem Dachboden? Schon bald ziehen die Rätsel des alten Gutshauses Jana und Bruno wie ein Sog in die Vergangenheit des Hauses und das Schicksal seiner Bewohner.

Vollmundige Versprechen wurde eingehalten

„Eine dramatische Geschichte über Einsamkeit, Rache und die Kraft der Freundschaft“ wird auf dem Buchrücken angekündigt – und ich muss sagen, dieses vollmundige Versprechen wurde eingehalten!
Bis zur letzten Seite bleibt die Geschichte spannend, fesselnd und selbst für die gerissenste Hobbykriminologin vollkommen unvorhersehbar.

Die innovative Erzählweise verstärkt die Spannung durch Zeitsprünge und Perspektivwechseln: Einleitung und Schlussteil spielen in der Gegenwart und umrahmen die eigentliche Handlung, die aus der Erinnerung der achtzehnjährigen Jana als Rückblende in die Vergangenheit erzählt wird. Unterbrochen wird die Ich-Erzählung aus Sicht der Protagonistin immer wieder durch zwanzig Jahre alte Tagebuchfragmente, die der Leser zunächst nicht genau einordnen kann. Ganz allmählich fügen sich Erzählstrang und Tagebuchfragmente jedoch zu einem Bild zusammen und eröffnen dem Leser so Stück für Stück das Geheimnis des alten Gutshauses.

Einziges Wölkchen am Himmel meines ansonsten ungetrübten Lesevergnügens: Die geneigte Leserin der Altersgruppe 14 plus muss sich stellenweise ernsthaft fragen, ob sie sich nicht im Regal vergriffen und sich statt der vermuteten Jugendlektüre ein Kinderbuch geschnappt hat… Wen es jedoch nicht stört, dass sich ein nicht unbeträchtlicher Teil der Handlung auf einem Spielplatz zuträgt und dies noch dazu aus Sicht einer Protagonistin, die zwölf Jahre alt ist und permanent eine Puppe mit sich rumschleppt, wird mit diesem Buch auch noch jenseits des ersten Pickels zu seinem Lesevergnügen kommen. Und wenn sie sich von der Hanni-und-Nanni-Optik nicht abschrecken lassen, werden an der abenteurlichen Handlung übrigens auch Eure Brüder Spaß haben. : - )


*Erschienen im Schenk Verlag*

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Autorin / Autor: principessa - Stand: 2. April 2009