Per Newsletter zur vegetarischeren Lebensweise?
RWI-Studie: Informationskampagnen reduzieren Fleischkonsum zwar dauerhaft – aber nicht bei allen
Die gute Nachricht: Newsletter zu den Themen Klimaschutz und vegetarische Küche können den Fleischkonsum dauerhaft reduzieren. Die Einschränkung: Allerdings nur bei Menschen, die bereits wenig Fleisch essen. Das zeigt eine neue Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Über einen Zeitraum von 14 Monaten begleitete das Forschungsteam 1.400 Teilnehmer:innen, die acht Newsletter in vier Monaten erhielten. Die Newsletter enthielten in zufälliger Folge entweder Klimainformationen über Fleischverzicht, vegetarische Rezepte und Kochtipps sowie eine Kombination aus beidem. Eine Kontrollgruppe erhielt keine Newsletter. In fünf Erhebungswellen über 14 Monate dokumentierten die Forscher:innen den Fleischkonsum mittels Fragebogen.
Dabei fanden sie heraus: Menschen, die wenig Fleisch verzehrten (unter 3,5 kg monatlich), reduzierten ihren Konsum während der Studienzeit deutlich. Ihr durchschnittlicher Verzehr lag bei 2 Kilogramm pro Monat. Diese Menge senkten sie um 0,5 bis 0,75 Kilogramm – also um ein Viertel bis über ein Drittel. Starke Fleischesser:innen mit über 3,5 kg pro Monat änderten ihre Essgewohnheiten kaum, manche verzehrten sogar mehr Fleisch.
„Das ist zunächst kontraintuitiv“, sagt RWI-Umweltökonom Manuel Frondel. „Zu erwarten war, dass Informationen dort wirken, wo das Wissen noch gering ist. Tatsächlich verstärken sie bestehende Tendenzen oder haben überhaupt keine Auswirkungen.“ RWI-Ökonomin Jana Eßer ergänzt: „Offenbar bringen Menschen mit wenig Fleischkonsum Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale mit, die sie für solche Botschaften empfänglich machen.“ Noch überraschender sei ein anderer Befund: „In den meisten Studien verpufft der Effekt von Verhaltensinterventionen schnell wieder. Bei uns verstärkte er sich sogar über die Zeit.“
Neue Erkenntnisse für Ernährungspolitik
„Fleischessen ist hochgradig habituell“, erklärt RWI-Wissenschaftler Stephan Sommer. „Wer aus Gewohnheit täglich Fleisch isst, lässt sich von Informationen kaum beeinflussen.“
Newsletter seien kein effektives Klimaschutzinstrument, denn die gemessene Reduktion von durchschnittlich 0,17 Kilogramm Fleisch pro Person und Monat spart etwa 10 Kilogramm CO₂ pro Jahr. Das entspricht 0,1 Prozent der deutschen Pro-Kopf-Emissionen. „Wenn die Gesellschaft den durch Ernährung verursachten CO₂-Ausstoß reduzieren möchte, wäre es sinnvoll, den Sektor Landwirtschaft in das Europäische Emissionshandelssystem zu integrieren. Der Emissionshandel hat sich in anderen Bereichen bereits bewährt und lässt den Verbrauchern die Wahl.“
„Um den Fleischkonsum zu reduzieren, reicht es nicht aus, lediglich die Vorteile der vegetarischen Ernährung zu betonen“, schlussfolgert Umweltökonomin Daniela Flörchinger. „Informationskampagnen erreichen vor allem Menschen, die bereits aufgeschlossen sind. Für Menschen mit hohem Fleischkonsum braucht es andere Ansätze.“
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 26. November 2025