Wie, Werbung im Feed?
Studie über subtile „gesponserte Inhalte“ in sozialen Medien und wie sie uns dazu verleiten, Werbung anzusehen
Wie viele Werbeanzeigen seht ihr beim Scrollen in euren Social Media Accounts? Und erkennt ihr immer, wenn es eine Anzeige ist? Ist euch klar, wann ihr gesponserte Inhalte seht? Wissenschaftler:innen fanden nämlich heraus, dass viele nicht so gut darin sind, Werbung zu erkennen, wie sie glauben. „Es ist nicht so, dass Menschen schlechter darin sind, Werbung zu erkennen. Es ist vielmehr so, dass die Plattformen die Werbung besser in den Feed integrieren. Wir scrollen im Autopilot-Modus, und genau dann flutschen die Anzeigen durch“, sagte Maike Hübner, Doktorandin an der Universität Twente. Andererseits würden wir uns vielleicht sogar absichtlich mit Anzeigen beschäftigen, weil sie die Trends oder Produkte zeigen, über die unsere Freund:innen sprechen, und um mitreden zu können. Das mache Werbung so besonders unwiderstehlich.
Aber wie viel Zeit verbringen wir wirklich damit, gesponserte Beiträge im Vergleich zu organischen (also privat erstellten) Beiträgen anzusehen? Wohin geht unser Blick bei diesen Beiträgen? Und wie verhalten wir uns, wenn wir erkennen, dass wir eine Werbung angeschaut haben? Diese Fragen stellten Wissenschaftler:innen der Universität Twente in ihrer Studie 152 regelmäßigen Instagram-Nutzer:innen. Sie teilten sie nach dem Zufallsprinzip einem von drei nachgebildeten Social-Media-Feeds zu, die jeweils aus 29 Beiträgen bestanden – acht Anzeigen und 21 organischen Beiträgen.
Sie sollten sich vorstellen, dass der Feed ihr eigener sei, und ihn wie gewohnt durchblättern. Mithilfe einer Eye-Tracking-Software wurde gemessen, wie oft ein:e Teilnehmer:in auf verschiedene Elemente eines Beitrags schaute – und wie lange der Blick dort verweilte. Nach jeder Sitzung befragten die Wissenschaftler:innen die Teilnehmenden zu ihren Erfahrungen.
Beim Erkennen von Anzeigen sank die Verweildauer
Bei den Anzeigen, die als solche erkannt wurden, zeigten die Eye-Tracking-Daten, dass die Versuchspersonen besonders Aufmerksamkeit auf Handlungsaufforderungen wie zum Beispiel einen Anmeldelink richteten. Werbung wurde auch schnell anhand des Profilnamens oder des Verifizierungszeichens des offiziellen Kontos einer Marke oder anhand von Hochglanzbildern erkannt, was bei den Teilnehmer:innen aber eher Misstrauen hervorrief.
„Die Menschen nahmen Designdetails wie Logos, aufgehübschte Bilder oder ‚Jetzt kaufen‘-Buttons wahr, bevor sie die eigentliche Anzeige bemerkten“, sagte Hübner. „Bei Markenbeiträgen befindet sich dieses Label direkt unter dem Benutzernamen oben, während es bei Influencer-Inhalten oder Reels möglicherweise in einem Hashtag versteckt oder im Abschnitt ‚Weiterlesen‘ versteckt ist.“
Zwar blieben die Anzeigen oft unbemerkt, aber wenn sie doch erkannt wurden, hörten viele Menschen auf, sich mit dem Beitrag zu beschäftigen, sobald sie merkten, dass der Inhalt nicht organisch war. Die Verweildauer sank sofort.
Bei Anzeigen, die sich besser einfügten, mit weniger ausgefeilten Grafiken und einem Ton und Format, die eher für organische Inhalte typisch sind, passierte das nicht.
Werbung von normalen Inhalten zu unterscheiden ist schwer
„Viele Teilnehmer waren schockiert, als sie erfuhren, wie viele Anzeigen sie übersehen hatten. Einige fühlten sich getäuscht, andere störte es nicht – und diese letzte Gruppe ist vielleicht die besorgniserregendste“, sagte Hübner. „Wenn wir aufhören, zu bemerken oder uns darum zu kümmern, dass wir eine Anzeige vor uns haben, wird die Grenze zwischen Verführung und Information sehr dünn.“
Diese Ergebnisse zeigten, dass Transparenz weit über die bloße Kennzeichnung von Werbung hinausgehe. Das Verständnis, wie Menschen Werbung wirklich verarbeiten, sollte zu einem Umdenken in Bezug auf das Design und die Regulierung von Plattformen führen, um sicherzustellen, dass die Menschen wissen, wann sie Werbung sehen, fordern die Wissenschaftler:innen.
Allerdings handelte es sich hierbei um eine Laborstudie mit simulierten Feeds, und es sei möglich, dass Studien zu verschiedenen Kulturen, Altersgruppen oder Arten von sozialen Medien zu anderen Ergebnissen kämen. Es sei auch möglich, dass Werbung unter realen Bedingungen noch schwerer zu erkennen ist.
„Selbst in einem neutralen, nicht personalisierten Feed hatten die Teilnehmenden Schwierigkeiten, Werbung von normalen Inhalten zu unterscheiden“, betonte Hübner. „In ihren eigenen Feeds, die auf ihre Interessen, Gewohnheiten und sozialen Kreise zugeschnitten sind, könnte es noch schwieriger sein, Werbung zu erkennen, da sie ihnen vertrauter und vertrauenswürdiger erscheint.“
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 20. Augsut 2025