Wie die Zeit vergeht... - Teil 3

Man schlägt sie tot, verschwendet sie und misst sie...

Die Welt ist eine Maschine

Ein neues Weltbild, dass durch die wissenschaftliche Revolution in der Neuzeit entstanden war, verhalf der Uhr zu neuem Ruhm. Die Vernunft verdrängte den Glauben, die Welt der Wissenschaft und der messbaren Phänomene schob sich in den Vordergrund. Der wissenschaftliche Forschungsdrang machte immer exaktere Zeitmessgeräte erforderlich. Pendeluhren, Uhren mit Räderwerk, Uhren mit Kreuzschlag und Taschenuhren für den Privatgebrauch wurden gebaut. Die Sekunde wurde von nun an verehrt. Die Menschen waren von der Gleichmäßigkeit, Gleichmütigkeit und Präzision der Uhren fasziniert. Es wurde sehr viel darüber philosophiert, was die "Zeit" ist. War die Uhr im Mittelalter noch ein Werkzeug, das die Zeit maß, so wurde sie nun zur Maschine, die Zeit produzierte. Der Mensch der Neuzeit war zum ersten Mal in der Lage, sich unabhängig von Gott und anderen übersinnlichen Instanzen die Zeit zu eigen zu machen. Der französische Philosoph Diderot bringt es auf den Punkt: "Die Welt ist kein Gott mehr. Sie ist eine Maschine mit ihren Rädern, Seilen, Rollen, Federn und Gewichten." Die Menschen gewöhnten sich daran, um Zeit zu streiten: um ihre Definition, um ihre Verbreitung und um das Recht, sie zu besitzen. Die protestantische Ethik führte Begriffe ein wie "Zeitverschwendung" und erklärte sie zur Sünde. Es galt, keine Minute zu verlieren und der Blick auf die Uhr wurde zum Symbol der Selbstkontrolle.

Die Weltzeit - das Ende für die Sonnenuhr?

Doch Zeit war nicht gleich Zeit. Weil die Bahn der Erde kein Kreis, sondern eine Ellipse ist, bewegt sich die Erde unterschiedlich schnell. Das hatten die modernen Zeitmessgeräte nicht berücksichtigt. In Amerika existierten im Jahr 1873 immerhin 71 verschiedene Eisenbahnzeiten, die sich nach den Orten richteten. Eine universelle Einheitszeit musste her und die kam aus England, wo J. Pond 1833 in Greenwich, den sogenannten Zeitball installierte und die mittlere Zeit begründete. Für die mittlere Ortszeit werden die Ortszeiten eines Jahres gemittelt und eine ganz gleichmäßig laufende Sonne erfunden. Jetzt läuft die Zeit zwar gleichmäßig, aber mit der Bewegung der Sonne hat sie nicht mehr viel zu tun: Fast ein Todesurteil für die Sonnenuhr, denn gemessen an der mittleren Ortszeit geht sie jetzt immer vor oder nach.

Wer macht die beste Zeit?

Die Menschen ließen sich nicht aufhalten, noch mehr Uhren auf die Welt zu bringen: 1801 erfand Herr Volta die Trockenbatterie, die den Weg zur Erfindung der Batterieuhren freimachte. 1929 entdeckte W.A. Morrison das Kristall als hochwertigen Ersatz für das Pendel und legte damit den Grundstein für den Bau der Quarzuhr. Revolutioniert wurde die Zeitmessung nochmals im Jahr 1973. Die Sekunde musste sich dem Atomzeitalter beugen und war von nun an nicht mehr - wie 1345 vereinbart - der 86400ste Teil des mittleren Sonnentages, sondern wurde nach den 9.192.631.770 Schwingungen des Cäsiums-Atoms geeicht. Mittlerweile ist es in der Wissenschaft zu einem Wettstreit gekommen, wer die "beste" Zeit macht. Die Behauptung amerikanischer Fachzeitschriften, sie machten genauere Atomuhren als die Deutschen, hat sich sogar zu einem politischen Streit entwickelt, bei dem sich die USA schließlich entschuldigen mussten.

25 Stunden-Tag

Bei aller Exaktheit und technischer Raffinesse, der modernste Zeitmesser kann über eine Sache nicht hinwegsehen, unsere innere Uhr. Die scheint nämlich losgelöst von Zeigern und Pendeln zu laufen. Ein Versuch, der bereits vor vierzig Jahren durchgeführt wurde ergab: Abgeschottet von äußeren Einflüssen hat der Tag für uns im Schnitt 25 Stunden. Manche haben einen 22 Stunden Rhythmus, andere beenden ihren Tag erst nach 30 Stunden, ganz so wie es unsere "Uhr-Gene" im Erbgut gerne hätten...

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Autorin / Autor: ~rosi~ - Stand: 4. Oktober 2002