Marlou und die fürchterliche Matheklausur

Marlou berichtet von ihren Strategien, in Mathe besser zu werden

Disziplin und Blamage

In der Grundschule hat mir Mathe noch Spaß gemacht, doch als ich auf das Gymnasium kam, änderte sich alles. Nun stand Disziplin und Blamage im Matheunterricht auf dem Programm. Mein Lehrer, der kurz vor seiner Pension steht, möchte uns zum Lernen ermuntern, indem er vor allem die Verunsicherten und Schlechten an die Tafel holt, um sie exemplarisch fertig zu machen. Er hat mich dazu gebracht, dieses Fach zu hassen. Das ist nicht gerade förderlich, wenn man in der 13. Klasse ist und alle Mathekurse in die Abitur-Endnote mit einbringen muss. Bisher habe ich mich aber am Riemen gerissen und jedes Mal für mich unglaublich gute neun Punkte, eine drei Plus, im Zeugnis stehen gehabt. Doch Anfang dieses Jahres traf mich der Schlag: Bei unserer jetzigen Mathelehrerin erreichte ich gerade mal einen mikrigen Punkt in der ersten Mathearbeit – eine fünf Minus! Zu meiner Verteidigung muss ich aber erwähnen, dass die Hälfte der Klasse eine fünf hatte. Und neulich stand uns die nächste Arbeit bevor.

*Strategie 1: Sich Verbündete schaffen!*
Ich habe einige Schüler gefragt, was sie von dem Notendurchschnitt halten und ob sie gelernt hätten. Es ging allen Befragten wie mir: Sie haben gelernt, sind überrascht und erschrocken von ihrer Note und denken, dass die Lehrerin mit ihrem sturen und langweiligen Unterricht nach Plan nicht das Interesse der SchülerInnen weckt. Auch meine Mutter hat mich ermutigt und nicht als hoffnungslosen „Ma-theblödi“ abgestempelt. Das half mir, über über meine verpatzte Arbeit, der schlechtesten in meiner gesamten Schulkarriere, hinwegzuschauen. Ich fasste neuen Mut und wollte mir und allen anderen beweisen, dass ich’s besser kann!

*Strategie 2: Rückwärts laufen*
Von einem Klassenkameraden habe ich gehört, dass man ganz einfach testen könne, ob man für Mathe geeignet ist. „Wenn man nicht rückwärts über Kreuz laufen kann, dann wird das mit den Funktionsableitungen und Gleichungen wohl nie klappen!“, versicherte er mir. Bevor ich meinen Mathelernplan erstellte, lief ich ein paar Runden rückwärts durch mein Zimmer. Ich rief danach einen der guten Schüler an und verabredete mich mit ihm zum Lernen. Vier Tage vor der Arbeit trafen wir uns das erste Mal. Wir bearbeiteten die Hausaufgabe für den nächsten Tag - lang und ausführlich. In der folgenden Mathestunde punktete ich mit meinem lückenlosen Wissen über Integralrechnung und verschaffte mir einen Motivationsschub.

*Strategie 3: Doppelte Punkte für doppelten Lernerfolg*
Zwei Tage vor der Mathearbeit traf ich mich mit jemandem, der doppelt so viele Punkte hatte wie ich - also zwei. Bevor wir anfingen zu rechnen, machten wir im Internet noch eine Stunde lang Persönlichkeitstests. Ich muss also zugeben: Meine Disziplin, zumindest wenn es um Mathe geht, ist doch nicht so ungebrochen. Schließlich aber rafften wir uns auf und lernten zwei Stunden lang! Ich hatte sogar ein richtiges Aha-Erlebnis: So eine Kurvendiskussion, die bringt ganz schön viele mit sich! Leider konnte keiner von uns dem anderen helfen, da wir beide ziemlich schlecht sind. Immerhin fiel uns auf, dass wir beim Mathelernen einen Schritt zurück gehen mussten – oder auch mehrere. Unsere Lücken reichen bis in die Mittelstufe zurück.

*Strategie 4: Den Mathecrack dazuholen, heulen und dann noch mal von vorn*
Einen Tag vor der Mathearbeit lernten wir nochmal, diesmal zu dritt - mit dem schlauen Schüler. Ich fühlte mich ziemlich sicher, da ich mir einen Zettel mit allen wichtigen Regeln erstellt hatte. Auch hatte ich ein gutes Gefühl, weil uns der schlaue Mathecrack gerne geholfen hat. Doch die Sache mit den y-Koordinaten konnte ich einfach nicht verstehen. Als der Matheoberguru mir dann noch vorhielt, dass „das aber alles ganz einfach ist“, musste ich weinen. Die ganzen Formeln und Zahlen in meinem Kopf machten mich verrückt. Ich fühlte mich schlecht und spürte auf einmal die ganze Angst vor dem morgigen Tag. Liebevoll getröstet hat mich zwar keiner der beiden Jungs - aber ein besserer Trost für mich war, dass mein „schlechter“ Kumpel mir dann doch das Problem erklären konnte, bis ich es verstand.

*Der Tag der Arbeit*
Nun saß ich vor der zweiten Mathearbeit, die die Note für dieses Halbjahr festigt. Zu meinem Erschrecken stellte ich fest, dass die Kurvendiskussion, die immerhin 70 Prozent der Wertung ausmacht, mit einer Formel bestückt war, die mir in der Art noch nicht unter gekommen ist!! Aber ich beherrschte meine Panik, sagte mir „EGAL!“ und wendete bei den restlichen Aufgaben mein gepauktes Wissen an.

*Ausgang ungewiss*
Ich habe die Arbeit zwar noch nicht wieder bekommen, aber ich glaube, dass diese wieder schlecht ausgefallen ist. Das entmutigt mich allerdings nicht, da ich mein Bestes gegeben habe und soviel gelernt habe, wie ich konnte. Ich weiß, dass in anderen Fächern meine Stärken liegen. Meine Mutter sagt auch, dass es Jobs gibt, in denen man keine Kurvendiskussion braucht. Das macht mir Mut.

Autorin / Autor: Tina Groll/ Marlou - Stand: 12. Dezember 2006