Eine halbe Stunde bei Big Brother

So, ich will jetzt mal wissen, wie "junges Fernsehen der Zukunft" aussieht! Da ich im Fernsehen lediglich eine Zusammenfassung des Tages sehen kann, die von irgendjemand zusammengeschnitten wurde, will ich mir einen Eindruck vor Ort verschaffen, ohne Manipulation und in Echtzeit. Ich bediene mich dabei der Live-Webcams im Internet. Es ist Donnerstagnachmittag und ich schnüffle jetzt mal ein bisschen im Haus herum, spiele BB...


*Prolog: Im Garten*
Ich sehe eine grüne Wiese, die Sonne scheint. Jürgen, Sabrina, Verena, Andrea, John und Alex liegen auf dieser Wiese und strecken wohlig ihre Körper der Sonne entgegen. Im Hintergrund ist ein Teil des Hauses zu erkennen und Hühner, die durch ihr Gehege laufen. Gelegentlich räuspert sich jemand. Es fängt an zu regnen. Bis auf John und Alex ziehen sich die Bewohner ins Big Brother Haus zurück. John und Alex freuen sich, hüpfen kurz über die Wiese und trällern "I’m singing in the rain", dann verschwinden sie auch im Container. Die Wiese liegt nun leer vor meinen Augen, auch die Hühner sind nicht mehr zu sehen. Die Wiese, der Regen und ich, wir sind nun alleine. Nichts passiert.

*Szenenwechsel: In der Küche*
Ich blicke in einen Raum. Beobachte John und Alex. John isst gerade mit großen Appetit aus einer Schüssel, die er in der Hand hält. Ob wohl Müsli darin ist? Es wirkt so, als hätte er großen Hunger. Die beiden unterhalten sich mit den anderen Mitbewohnern, die ich aber nicht sehen und nicht richtig hören kann. Ich lausche, verstehe aber nichts. Die Kamera schwenkt und ich blicke nun wieder in den Garten, sehe die Hühner, höre den Regen und die Bewohner des Hauses. Jetzt sehe ich Alex, er lacht und zieht Grimassen.

*Szenenwechsel: Im Wohnzimmer*
Verena und Andrea sitzen auf dem Sofa. Andrea mit einer Mütze auf dem Kopf liegt leger da. An ihre Beine lehnt sich Verena. Verena steht auf, läuft auf mich zu. Ha, sie kann mich aber nicht umrennen, da ich ja eine Kamera bin. Plötzlich sehe ich eine schwarz/weiß gefleckte Katze, es ist Sternchen. Ich lausche dem Gespräch der Bewohner zu. Es geht darum wie ein Gericht zubereitet werden soll. Die Stimmen fragen, wer auf was und wie Hunger hat und man teilt sich die Arbeit für das Essenkochen auf. Ich blicke auf die Katze die gemächlich dem Treiben zuschaut und vor sich hindöst. Sternchen ist langweilig, mir auch! Im Hintergrund räuspert sich jemand.

*Szenenwechsel: Im Badezimmer*
Ich blicke durch den Badezimmerspiegel. Alex läuft an mir vorbei. Jetzt kann ich ihn nicht mehr sehen. Jürgen kommt mit Sonnenbrille auf dem Kopf und stellt sich direkt vor den Spiegel. Nur kurz, dann läuft er auf und ab und ist schließlich verschwunden. "Willst du den Salat noch?" fragt Andrea John. Ich kann niemanden sehen. "...erst mal mit ganz wenig Wasser?" "Du musst det vierfache nehmen", antwortet John. "Guck mal, wo die Kamera hinschwenkt..." bemerkt Andrea. Meine ist es nicht, ich kann also nicht sehen, wohin Kamera schwenkt. Bin wohl auf dem falschen Kanal.

*Epilog: Erinnerung an eine Jugendherberge*
Von oben schaue ich herab, auf den Esstisch des Big Brother Hauses. Die Bewohner richten alles für ihr Mittagessen her. Eigentlich sitzen die da in einer Jugendherberge, denke ich mir. Ich erinnere mich an meine vergangenen Schulfahrten.

Mir reicht es, ich schalte den Movie-Player ab. Big Brother spielen ist auf Dauer etwas langweilig und macht ein bisschen müde. Bis da mal was spannendes passiert...das kann Stunden dauern! Und wenn dann mal was passiert, sehe ich garantiert gerade nicht hin. Da gehe ich doch lieber mit ein paar guten Freunden einen Kaffee trinken!

Autorin / Autor: Peggy Förster - Stand: 10. Mai 2000