Bombenanschläge

Die Scheiben der Geschäfte von Ausländern werden fast regelmäßig eingeworfen.

Seit dem erwähnten Übergriff auf das Asylbewerberheim gibt es kein solches mehr in Wurzen, es wurde danach geschlossen. Es gibt aber viele vietnamesische, arabische oder italienische Geschäfte oder Restaurants. Der größte Teil der Ausländer wohnt jedoch nicht in Wurzen. Diejenigen, welche hier wohnen, sind nach Ladenschluss nicht in der Öffentlichkeit präsent. Die Scheiben ihrer Geschäfte werden fast regelmäßig eingeworfen. In Wurzen gibt es darüber hinaus viele Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, die aber wegen der verfehlten Integrationspolitik sehr isoliert leben. In der Regel sind die Spätaussiedler kaum in der Öffentlichkeit präsent, aber es kommt immer wieder zu Übergriffen von Rechten auf sie.

Dass sich eine Gegenkultur zum rechten Mainstream nicht etablieren kann, liegt hauptsächlich daran, dass sich Hip-Hopper, Skater oder Punks nirgendwo geschützt treffen können. Sie haben entweder keinen festen Treffpunkt oder wurden schon mehrfach durch Rechte von ihren Treffs vertrieben. So wurde z.B. die Skaterbahn und der Streetballplatz abgeschafft. Ziel des NDK ist es, diesen Gegenkulturen u.a. im D5 Raum zu schaffen, um sich auszuleben. Der Kulturkeller soll z.B. auch regelmäßig als Bandprobenraum genutzt werden können.

Menschen werden Zielscheiben

*Rosi* Ist es gefährlich für euch, dem Rechtsradikalismus in eurer Stadt entgegenzutreten? Und hast du manchmal persönlich Angst, dass die Neonazis Rache an dir üben?

*Melanie* Die Situation ist nicht mehr ganz so schlimm wie vor ein paar Jahren. Da ich erst seit einem Jahr beim NDK arbeite und in Leipzig wohne, bin ich noch nicht persönlich angegriffen worden. Aber viele, die ehrenamtlich im NDK sind oder dem Verein verbunden, sind schon tätlich oder verbal angegriffen worden. Auf rechten Internetseiten ist bspw. unsere Homepage als Antifa gelistet, darunter ein Kommentar: „Linke haben Namen und Adressen“. In öffentlichen Stellungnahmen der NPD (die im Stadtrat drei Sitze inne hat) werden auch häufig NDK-Mitarbeiter namentlich genannt. Und wenn man auf einer rechten Homepage plötzlich zitiert wird, läuft einem schon ein Schauer über den Rücken. Konkrete Bedrohungen hat das NDK schon einige erlebt, „Kleinigkeiten“ wie bespuckte Fenster, Steine, die geworfen werden. Aber auch im Sommer 2003 einen Überfall auf das D5 nach einem Konzert gegen rechts. Mehrere Autos voller Neonazis sind damals vorgefahren, haben unser Banner verbrannt, Scheiben eingeworfen und randaliert. Zum Glück konnten sich alle Anwesenden ins Haus retten, so dass niemandem etwas passiert ist. Letztes Jahr im November kam es dann zu einem Rohrbombenanschlag auf unser Büro: bis jetzt noch immer unbekannte Täter haben zwei selbst gebastelte Rohrbomben an unserem Schaufenster zur Explosion gebracht. Zufälligerweise (wir wussten das bis dahin gar nicht) hatten wir Sicherheitsglas und die Täter waren auch nicht so professionell, so dass die Scheiben nur gesprungen waren. Da es nachts passiert ist, war auch keiner mehr im Büro. Es entstand also kein Personenschaden. Trotzdem hat so ein Bombenanschlag natürlich eine Dimension, die einem Angst machen kann – schließlich ist das eine genau geplante Sache und nicht nur einfach ein Stein, den im Vorbeigehen mal einer wirft.

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Autorin / Autor: ~rosi~ - Stand: 24. März 2005