Eigentlich nicht anders, nur aufgeräumter

Soso beschreibt ihr Ursulinengymnasium in Köln

Wie ich zu dieser Schule gekommen bin:

Mitte der 3. Klasse wurde festgestellt, dass ich hochbegabt bin und am besten die 4. Klasse überspringen und auf ein besonders schweres Gymnasium gehen soll. =)
Da die meisten Anmeldefristen schon vorbei waren, haben meine Eltern sich vier Schulen angeguckt, die mich noch aufnehmen würden, darunter auch meine jetzige. Bei einer Schule war das Unterrichtsniveau eine Katastrophe, bei einer anderen hatte man Angst, dass das Gebäude gleich zusammenfällt und bei der nächsten wurden wir vergessen. Also blieb nur noch das Ursulinengymnasium in Köln übrig. Wir vereinbarten einen Vorstellungstermin, der sich schnell als Aufnahmegespräch entpuppte. Unser damaliger Direktor Hr. Graeff löste mit mir eine Matheaufgabe, quatschte mit uns und innerhalb von einer halben Stunde war ich aufgenommen.

Vorurteile:

Davon gab es Unmengen an meiner Grundschule. Nonnenbunker, Streberschmiede und Lesbenschule waren noch die harmlosesten. Dazu möchte ich anmerken: Wir werden NICHT von Nonnen unterrichtet, sondern von normalen LehrerInnen, wir sind keine Streber, nur weil unsere Schule als die schwerste in Köln gilt - und man stelle sich vor: nicht jede Schülerin ist lesbisch! Am Anfang habe ich mich schon fast geweigert, auf meine Schule zu gehen, gerade wegen der Vorurteile. Inzwischen kann ich echt nur noch den Kopf schütteln, wenn jemand, den ich kennen lerne, auf die Nennung meiner Schule folgendermaßen reagiert: "Eh, Ursulinenschule, ist das nicht das Lesbenkloster für höhere Töchter? Bist du auch so 'ne Schleimerin?" Da antworte ich am liebsten: "Neidisch oder was?" =)

Vorteile:

Ich finde, es gibt eine ganze Menge Vorteile gegenüber koedukativen (gemischten) Schulen. Ganz entscheidend ist natürlich, dass dadurch, dass wir nur Mädchen sind, der Unterricht sehr entspannt ist. Es ruft kaum jemand rein, deswegen kommen wir mit dem Schulstoff sehr schnell durch.

In unserer Klasse unterstützen sich alle gegenseitig, so mussten uns bisher nur zwei Leute verlassen. Natürlich gibt es auch bei uns gute und weniger gute Schülerinnen, aber im Allgemeinen ist es doch recht ausgeglichen. Und es gibt fast nie wirklich schlimmen Streit oder Schlimmeres. Viele Menschen glauben auch, dass wir eine einzige Zickenansammlung sind. Diesen Menschen möchte ich sagen, dass es in den drei Jahren an der Ursulinenschule weniger Streit gegeben hat, als in meinem ganzen restlichen Schulleben und meiner Freizeit.

Mädchen prügeln ja meistens auch nicht, sondern diskutieren so lange bis jeder einverstanden ist. Generell verstehen sich eigentlich alle, und jede hilft wo sie kann, jede kümmert sich um die anderen.

Das heißt nicht, dass es bei uns immer spießig, langweilig und ‚happy’ ist und keiner Probleme hat. Auch wir haben Punks, Emos, und "Sex ist geil" auf der Klotür und manche, die ich kenne, hatten auch schon ihre Erfahrungen mit Alkohol und Co, denn schließlich ist alles normal.
Noch ein Vorteil: Bei uns wird gerade in den Naturwissenschaften besonders gefördert, eben weil wir Mädchen sind. Auch in Mathe ist es so, dass eben niemand da ist der blökt: "Hamma doch verstanden", obwohl die meisten das vielleicht noch nicht getan haben und der und der Junge nur cool sein wollte.

Unsere Schule ist sehr gut ausgestattet, weil wir nicht so viel Geld für Reparaturen ausgeben müssen. Wir haben topmoderne Gebäude, ausgestattet mit allem PiPaPo, in fast jedem Zimmer Laptops, was doch sehr angenehm ist. Wenn meine Schwester mir von ihrer Schule berichtet, wo leider der Unterricht ausfallen musste, weil das Fenster durchgeschossen war, bin ich doch echt froh, auf meiner Schule zu sein. Noch nebenbei, wir spielen auch Fußball! Basketball-, Volleyball- , etc. Mannschaften gibt es bei uns selbstverständlich auch.

Gut ist auch, dass wir eine große Gemeinschaft sind, was ja auch Sinn einer katholischen Schule ist. Speziell für Mädchen ist es natürlich auch sehr angenehm, dass man in der Klasse einfach nach einem Tampon fragen kann, ohne ausgelacht zu werden, denn jede hat ja schließlich mal ihre Tage.

Nachteile:

Dazu fällt mir eigentlich nur ein, dass es niemanden gibt, der manchmal Mist baut und dem man dann aus der Patsche helfen kann, weil er sich cool geben wollte, und natürlich, dass der Flirt-Faktor doch eher gering ist. =) Trotzdem leben wir nicht abgeschirmt von der männlichen Bevölkerung, und generell sind wir alle wesentlich offener bezüglich Sex und solchen Themen - so viel zum Thema spießig. Es müsste sich mal einer unsere Schulhofgespräche anhören... Aber in der Oberstufe kooperieren wir mit anderen Schulen, und es gibt auch noch das Studi-Leben, die Freizeit...
Mir ist es wichtiger, tolle Freunde, eine gute Schule und einen Ort zu haben, an dem ich gut aufgehoben bin und an dem sich um mich gekümmert wird, als mit Jungs zu lernen. Die können noch warten, mein Leben ist noch lang genug. =)

Fazit:

Ich kann jeder nur empfehlen, auf eine Mädchenschule zu gehen, die die Möglichkeit hat, denn es ist eine einzigartige Erfahrung, in einer großen Gemeinschaft nur aus Mädchen zu leben und zu lernen.

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Autorin / Autor: Soso - Stand: 12. Mai 2009