To be or not to be ... an einer Mädchenschule

An was denkt ihr zuerst, wenn ihr das Wort „Mädchenschule“ hört? Eher an einen aufgebrachten Hühnerhaufen oder an Ruhe und Gelassenheit? Lest den Erfahrungsbericht von stillergirl. Sie besuchte die Maria-Ward-Realschule.

An was denkt ihr zuerst, wenn ihr das Wort „Mädchenschule“ hört? Eher an einen aufgebrachten Hühnerhaufen oder an Ruhe und Gelassenheit? Die Mehrheit in meinem Umkreis zumindest dachte an Ersteres, wobei ich dies in keinster Weise bestätigen kann. Aber am besten fange ich ganz von vorne an.

Jungs waren mir so ziemlich egal

Im Frühling 2002, also vor ziemlich genau sieben Jahren, wurde es für mich als Viertklässlerin Zeit, mich nach einer weiterführenden Schule umzusehen. Also beschlossen meine Eltern, dass sie mit mir zu dem Tag-der-offenen-Tür diverser Schulen gehen, damit ich mir diese anschauen kann. Zuerst war die Maria-Ward-Realschule an der Reihe. Und wer sagt es: Erster Versuch, Treffer! Ich fand die Schule einfach nur perfekt und konnte es kaum bis zum neuen Schuljahr aushalten, bis ich dort dann endlich zu den Fünftklässlern gehörte. Zu dieser Zeit war es zwar klar für mich, dass keine Jungs in meiner Klasse sein werden, aber das machte mir nichts aus, denn Jungs waren mir so ziemlich egal. Keine Angst, natürlich werde ich jetzt nicht ausführlich über meine sechs verbrachten Jahre auf der Maria-Ward erzählen. Aber eine kleine Zusammenfassung muss schon sein.

Die Schule im Netz

Streitereien gibt es überall

Teilweise gab es zwar „kleine Zicken“ in meiner Klasse, aber diese waren stets alleine, bzw. nur zu zweit, deswegen konnte man unsere – aber auch die anderen Klassen – als ziemlich normal bezeichnen. Ich muss hinzufügen, dass meine ehemalige Schule eine katholische Schule war und wir vielleicht auch deshalb so normal waren. Zu tiefer Ausschnitt oder zu kurzer Minirock war eben nicht erlaubt, aber ich habe das Gefühl, dass diese Regel auch nicht nötig gewesen wäre. Falls es ab und zu einmal Streitereien gab, lag dies sicherlich nicht daran, dass 30 Mädchen in einem Raum waren, sondern weil es das überall gibt, wo Jugendliche unterschiedliche Meinungen vertreten. Somit hätten wir den wenigen negativen Seiten, die man vielleicht an einer Mädchenschule sehen könnte, ein bisschen den Wind aus den Segeln genommen.

In einer Mädchenklasse ist es wesentlich ruhiger

Nebenbei hat eine reine Mädchenklasse auch Vorteile. Beispielsweise ist es in einer Mädchenklasse wesentlich ruhiger als in einer gemischten. Nichts da mit Gequietsche, Gequake und Gegacker, wie üblich vermutet. Wenn wir jetzt vom Schulischen absehen, ist da noch ein anderer Vorteil: Man redet auch viel offener miteinander, über etwas man in Gegenwart von Jungs vielleicht nicht reden würde. Frauenthemen eben, man kann praktisch immer und überall darüber reden.

Ich würde immer wieder dieselbe Entscheidung treffen

Im Sommer 2008 dann schließlich, nach bestandenen Abschlussprüfungen der Mittleren Reife, sahen wir schon fast nostalgisch auf die vergangen sechs Jahre zurück. Am letzten Tag im liebgewonnenen „Nonnenbunker“ verabschiedeten wir uns weinend von unseren Klassenkameradinnen und auch – ob man es glaubt oder nicht – von unseren Lehrer/innen, die uns berichteten, wie schön es ist/war, „ihre“ Schülerinnen von kleinen Mädchen zu jungen, selbstbewussten Frauen heranwachsen zu sehen. Es war eindeutig eine schöne Zeit, die ich unter keinen Umständen missen möchte. Ich würde – wenn ich noch einmal die Wahl hätte – dieselbe Entscheidung treffen, wie ich es als 10-jährige getan habe.

Plötzlich das andere Geschlecht als Kumpel haben

So, ich denke, dies sind wohl die wichtigsten Punkte, die man erwähnen sollte, wenn man über Mädchenschulen spricht. Nun werde ich euch noch einen Vergleich geben, wie es sich „anfühlt“, wenn man dann auf einer gemischten Schule ist. Seit diesem Schuljahr bin ich auf einem Gymnasium mit Jungs und Mädchen. Ganz am Anfang war es einfach nur ungewohnt, auf dem Schulflur männliche Stimmen (oder auch Stimmen im Stimmbruch ;-)) zu hören, aber das hat sich nach zwei Wochen gelegt. Dadurch, dass ich - trotz meiner Mädchenklasse – in meiner Freizeit mit Jungs befreundet war/bin, war es praktisch auch sonst keine Umstellung, plötzlich das andere Geschlecht als Kumpel zu haben. Auch der Lärmpegel während des Unterrichts hat sich ein bisschen gehoben, aber sehen wir es positiv: So trainiert man die Konzentration! ;-) Was mich eigentlich gar nicht erstaunt hat, ist die Tatsache, dass es hier auch nicht weniger Zicken gibt, als in einer reinen Mädchenschule, was aber auch zu überleben ist. Man kann sich eigentlich an alles gewöhnen. Allerdings mussten sich ironischerweise meine neuen Klassenkameraden an mich gewöhnen. Die ersten Wochen wurde ich bombardiert mit Fragen von „Wo gehen bei euch die Lehrer aufs Klo, wenn es nur Mädchentoiletten gibt?“ bis hin zu „Durften bei euch Jungs nicht mal das Gebäude betreten?“ Und sie mussten erstaunlicherweise feststellen, dass ich ein ganz normal entwickeltes Mädchen bin, das keinerlei Defizite in „Jungenkenntnissen“ aufzuweisen hat. Ja, Mädchenschulen sind eigentlich ganz normal unnormal.

PS: Die Antworten für die obigen Fragen lauten:

Unsere Lehrer mussten sich nichts verzwängen, denn es gibt bei uns ein Lehrerklo. - Und ja, Jungs durften in das Gebäude. Nur die meisten haben es sich irgendwie nicht getraut und deshalb nach Schulschluss vor der Türe gewartet. ;-)

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Autorin / Autor: stillergirl - Stand: 4. März 2009