Mit einem Lächeln im Bauch - Teil 2

Für Christina gibt es das Wort "unmöglich" fast kaum noch in ihrem Wortschatz...

*LizzyNet*: Wie bestimmt denn der Buddhismus deinen Alltag und dein Leben??

*Christina*: Ich rezitiere morgens und abends zwei Kapitel aus dem Lotos-Sutra und chante dann noch eine Weile den Titel des Lotos-Sutra, „Nam-Myoho-Renge-Kyo“, je nachdem, wie viel Zeit ich habe. Im ersten Jahr der Praxis habe ich das täglich zwei bis drei Stunden gemacht, weil mich meine Lebenslage so gequält hat. Das hört sich an, als hätte ich den ganzen Tag nichts anderes gemacht. Tatsächlich habe ich diese Zeit hauptsächlich morgens an den Tag gehängt, bin also sehr früh aufgestanden. In dieser Zeit habe ich unheimlich viel auf die Reihe bekommen, so energiegeladen war ich dadurch. Wenn ich keine Lust habe (und das kommt auch – selten – vor), lasse ich es ausfallen oder rezitiere nur das Lotos-Sutra. Ganz wie ich Freude daran habe, so praktiziere ich. Diese Ausübung gehört zu meinem Leben wie das Zähneputzen. Durch den Buddhismus zeigt sich auch immer deutlicher, dass sich meine negative Lebenstendenz ins positive verwandelt. Das ist sehr tröstlich: ich muss nicht länger in die Vergangenheit sehen und trauern und klagen, weil so viel für mich schlecht gelaufen ist. Ich muss nicht mehr fragen, warum ausgerechnet ich solche Erfahrungen machen musste. Meine Erfahrungen sind mein größter Schatz, weiß ich inzwischen. Ich habe sie gemacht, um mein Leben leben zu können, sie gehören dazu und helfen mir, Mitgefühl für andere Menschen zu entwickeln. Mitgefühl bringt Menschen einander sehr nahe. Meine Erfahrungen sind einfach Teil meiner persönlichen Lebensaufgabe. Das meine ich jetzt nicht nur beruflich, sondern bezogen auf alle Bereiche des Lebens – Familie, Freunde, Nachbarschaft, miteinander reden und umgehen, u.s.w. Meine Freundschaften sind inzwischen von Herzlichkeit und Wärme geprägt und meine Zukunft liegt nicht mehr wie ein leeres Blatt Papier vor mir. Ich habe kürzlich sogar einen Plan gemacht, wie meine Ausbildung insgesamt verlaufen soll, wo ich meine Praktika machen möchte und wo ich mein Auslandsemester verbringe.
Mein Vertrauen in die Ausübung des Buddhismus hat sich bislang total gelohnt und wird Tag für Tag stärker, während ich die Grenzen, die ich mir selbst gesetzt hatte, immer weiter stecken kann. Ich habe wieder Träume und versuche, sie in die Tat umzusetzen. Das Wort <unmöglich> verblasst langsam in meinem Wortschatz. Ich finde, im Vergleich zu vorher habe ich nun eine sehr positive Lebensprognose und das macht nicht nur mich froh, sondern auch meine Familie und Freunde. Die mussten nämlich sehr mit mir leiden...

*LizzyNet*: Du musst das nochmal genauer erklären, das mit dem "Praktizieren"...

*Christina*: Den Hauptbestandteil meiner Praxis habe ich ja schon etwas erklärt, also das morgendliche und abendliche Lesen des Lotos-Sutras und das Chanten von Nam-Myoho-Renge-Kyo. Dabei sitze ich vor dem Gohonzon (dieser Schriftrolle, die das Leben darstellt) und lege die Handflächen aneinander, wobei ich eine Perlenkette halte, die den Menschen symbolisiert (sie hat „Arme“ und „Beine“ und einen „Kopf“, wenn man sie hochhält, es sieht irgendwie herzig aus). Das Aneinanderlegen der Hände hat ebenfalls eine Bedeutung, die eine Hand steht für die objektive Wahrheit, die andere für die subjektive Weisheit. Die zehn Finger symbolisieren die so genannten 10 Welten (Hölle, Animalität, Hunger, Ärger, Ruhe, vorüber gehende Freude, Lernen und Teilerleuchtung, Bodhisattva und Buddhaschaft). Während der Zeremonie des Rezitierens (wir nennen es Gongyo = jap. für fleißige Ausübung) brennen Kerzen und Räucherstäbchen und ein Gong wird geschlagen. Dies sind Gaben an das Lebens an sich. Es gibt keinen Götzenkult (Buddhastatuen). Die Zeremonie mit allem was dazu gehört, ist ein Ausdruck des Lobes und des Respekts an das Leben selbst, auch unser eigenes. Durch die Ausübung öffnen wir diese Welt (die „Buddhaschaft“) in unseren Herzen. Sie existiert definitiv in jedem Menschen.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Christina