Fortsetzung folgt

Wettbewerbsbeitrag von Dimitri Petrenko, 18 Jahre

In meinem Leben hatte ich stets Höhen und Tiefen, aber eine Sache blieb immer gleich. Am nächsten Tag sah die Welt wieder ganz anders aus und die Last, die sich am vorherigen Tag aufgebaut hatte, war verschwunden. Schon merkwürdig, wenn man bedenkt, dass ich seit 'nem halben ja fast nichts zu tun habe. Sogar während Corona fühlte ich mich nicht so leer, im Gegenteil, in dieser Zeit wurde ich von den meisten meiner alltäglich Pflichten getrennt und hatte mehr Zeit für mich, zum Erholen, zum Nachdenken, über meine Zukunft, über das Leben. Nach der Schule wollte ich anfangen zu versuchen, auf meinen eigenen Beinen zu stehen. Eine gute Ausbildung starten, meine Liebe gestehen und heiraten, verreisen, etwas aus mir machen. Ich wurde gekündigt, ich wurde gekorbt und bin mit einem sieben tagelangen Sonnenbrand aus einem sieben tagelangen Urlaub zurückgekehrt. Der Urlaub hatte ein paar schöne Momente, aber was bringt das, wenn das große Ganze nicht stimmt? Ich habe aufgehört, meine Absagen zu zählen und aufgegeben, mich für neue Stellen zu bewerben. Beruhigt fühle ich mich nur in den ersten 5 Sekunden nachdem ich aufwache. Bevor ich mich wieder erinnere, wer ich bin. Aber dann fühle ich wieder die Last vom vorherigen Tag, der vorherigen Woche und vom vorherigen Monat. Dabei mache ich nichts. Ich bin erschöpft davon, erschöpft zu sein. Ich hoffe meine Geschwister haben ein besseres Leben als ich nach der Schule, mein Vater ist enttäuscht, dass ich meine Stelle verloren habe und meine Mutter kümmert sich um mich trotzdem jeden Tag mit einem Lächeln im Gesicht. Dieses Lächeln gab mir Kraft, aber irgendwann realisierte ich, dass es ein Lächeln der Sorge und Aufmunterung war und nicht eins mit Freude und Stolz. Wie könnte es auch? Seitdem verbringe ich fast den ganzen Tag in meinem Zimmer, vor dem Bildschirm. Spiele haben mir dann auch irgendwann aufgehört Spaß zu machen. Manchmal starre ich aus dem Fenster, bestaune die Wolken. Ich würde gerne aus dem Fenster springen und wie ein Vogel einfach losfliegen, aber das kann ich nicht, also lass ich es. Stattdessen schau ich mir an, wie die Welt in den Nachrichten ist. Klimawandel, das Übliche, irgendwelche Umweltaktivisten, die um Aufmerksamkeit zu erregen, Straßen blockieren, LKWs beschädigen und andere auffordern aufzuhören Fleisch zu essen. Das Vegetarier sein der Umwelt hilft ist mir neu. Ich mein, ich habe nichts dagegen der Umwelt zu helfen, aber diese Leute realisieren nicht, dass die Menschen, die sie überzeugen wollen, sie immer mehr hassen und dieser Hass sich dann auch auf das Thema verbreiten wird, das sie repräsentieren, den Klimawandel. Ich habe auch mitbekommen, dass die Sporthalle meiner alten Schule in ein Flüchtlingsheim für ukrainische Flüchtlinge umgebaut wurde. Das Thema ist wohl zurzeit am meisten verbreitet, Krieg in der Ukraine. Aber auf anderen Social Media Seiten wie Instagram sehe ich, wie in anderen Ländern wie Palästina und Armenien Menschen leiden und ungerecht behandelt werden, Kinder, die ihre Eltern verlieren und Eltern, die ihre Kinder verlieren. Es tut weh, das mit anzusehen und niemand in den Nachrichten verliert darüber auch nur ein Wort. Sie leiden weiter, auf sich alleine gestellt. Ich würde ihnen gerne helfen, aber ich kann nicht mal mir selbst helfen, es ist deprimierend. Manchmal wünsche ich mir, dass mein bester Freund einfach die Tür eintreten würde, mich an meinem Arm in das gesellige Leben nach draußen zerrt und mich aufmuntert, dass wir das gemeinsam schon hinkriegen. Aber ich habe keinen besten Freund. Das habe ich fast vergessen. Jeder, den ich je für einen hielt, trotz der Zeit und des Zusammenhalts, den wir verbrachten, verließ mich. Ich versuchte, den Kontakt immer aufrecht zu erhalten, aber in einer Freundschaft gehören immer mindestens zwei, die Nachrichten wurden kürzer, die Anrufe hastiger und die Treffen immer seltener. Irgendwann war ich zu müde und genervt und ließ einfach los. Manchmal frage ich mich, warum die Dinge so sind. Ist etwas falsch mit mir oder einfach nur mit fast jedem, den ich je traf? Ich brauche frische Luft und Bewegung, ich muss hier raus, also schnappe ich mir meine Jacke und schau sie mir wieder an, die Welt da draußen. Die Luft ist kühl und die Sonne schöner denn je. Die Straßen sind belebt und die Vögel zwitschern. Mann, hab ich das vermisst. Den Park habe ich auch lange nicht mehr besucht. Eine Parkbank. Sie ist kühl und etwas feucht, aber das ist halb so wild. Entlang des Horizonts sehe ich ihn nun, den Sonnenuntergang. Ein Anblick, der meine Augen zum Tränen bringt. Mag sein, dass wir unsere Vergangenheit nicht ändern können und auch die Zukunft ungewiss ist... aber so wie die Sonne jeden Morgen im Osten neu aufgeht, so können auch wir immer neu anfangen. Ich kann leider noch nicht von einem Happy Ending berichten, weder weiß ich wann, noch ob ich je eins erreichen werde, aber solange ich lebe, werde ich es in Zukunft auch weiter versuchen!

Alle Infos zum Wettbewerb

Die Verwandelbar Sieger:innenehrung

Herzlichen Glückwunsch an die Preisträger:innen!

Teilnahmebedingungen und Datenschutzerklärung

Bitte lesen!

Die Verwandelbar-Jury

Die Jury verwandelt eure Einreichungen zum Schreibwettbewerb in wohlwollende Urteile :-)

Preise

Das gibt es im Schreibwettbewerb "Verwandelbar" zu gewinnen

Einsendungen

Die Beiträge zum Schreibwettbewerb Verwandelbar

Verwandelbar - Die Lesung

Am 27. November 2022 fand die Lesung zum Schreibwettbewerb VERWANDELBAR statt, bei der fünf der Gewinner:innen ihre wunderbaren Texte präsentierten. Moderiert wurde die Lesung durch den Autor Manfred Theisen, der auch Mitglied der Jury war.

Autorin / Autor: Dimitri Petrenko, 18 Jahre