Brücke ins Leben

Wettbewerbsbeitrag von Klara Boos, 13 Jahre

Tief. Es ging tief runter. Der Strom des Flusses riss alles mit. KIea guckte nach unten, sie sah nur das bedrohliche dunkle Wasser, wie es jeden Gegenstand mit sich riss. Äste zerbarsten an den klüftigen Felsen, Fische wurden herumgewirbelt, doch es machte Klea keine Angst, dort unten war vielleicht das, wonach sie sich immer gesehnt hatte. Dem Tod. Das Wort machte ihr inzwischen keine Angst mehr. Zu oft hatte sie schon darüber nachgedacht. Es gab in ihrem Leben so viele Probleme, dass sie sich jetzt entschieden hatte, ihr Leben zu beeinflussen und es sich besser zu machen. Eines der schlimmsten Probleme waren ihre Freunde. Ehemaligen Freunde. Xenia, Aaron und Laurie. Klea wusste nicht, wieso sie sich gegen sie gestellt hatten, vielleicht wegen dem Neuen, Phil, in den sie heimlich verliebt gewesen war, vielleicht weil sie einfach keine Lust mehr auf die Streberin hatten, oder weil sie einfach riesige Idioten waren, die ihr immer ihre Schokoladenseite gezeigt hatten. "Lass uns in Ruhe, du Nerd" hatte Xenia zu ihr eines Tages gesagt und war hämisch grinsend mit Aaron und Laurie weg gegangen. Das war aber nur der Anfang gewesen. So lange und so viel wurde sie ausgegrenzt und geärgert. Sie wollte keine Zweifel mehr haben und sich in das Leben jenseits der Erde begeben und ihr neues Glück finden. Zum GIück waren ihre Eltern über das Wochenende weg und sie konnte sich in aller Ruhe hier herbegeben, ohne die Angst zu haben, dass ihre Eltern sie aufhalten könnten. Was sie jetzt grade wohl machten? Würden sie in der Ferienwohnung sitzen und einen Film schauen? Ihr schossen die Tränen in die Augen, sie wollte ihren Eltern kein Leid antun, aber sie wollte auch nicht länger hier sein. "Sie kommen schon darüber weg", sagte sie sich und schielte über den Rand des Geländers. Der Strom sah gefährlich aus. Sie kletterte über das Geländer, noch wenige Schritte trennten sie vom sicheren Tod. Das tosende Geschrei unter ihr schreckte sie ab. Doch sie ging einen Schritt näher an den Abgrund. Sie hoffte für die Welt, dass sie die letzte war, die so was dummes tat. Es war wirklich dumm, doch was sollte sie tun? ln die Psychatrie gehen! sagte die Stimme in ihrem Kopf. "Aber dann werde ich noch mehr geärgert!" sagte sie zu sich selbst. Dann wechsle die Schule! "Das kostet doch was!" Deine Eltern haben Geld für einen zweitägigen Urlaub auf Mallorca, da werden sie auch was für dich finden. Klea ging noch einen Schritt auf den Abgrund zu. Sie hatte einen Plan und sie wollte nicht, dass der jetzt durch ihre eigene Stimme nutzlos gemacht wurde. Was ist mit Phil? Sie ignorierte sich selbst, sie musste sich auf den Abgrund und auf das bessere Leben konzentrieren. Und Merlin? Er hat sich immer so gefreut, wenn du von der Schule gekommen bist und hat dich Schwanz wedelnd begrüßt. Noch einen Schritt auf die Kante zu. Deine Eltern werden so traurig sein und dich jeden Tag vermissen, vielleicht werden sie sich auch umbringen vor Trauer... "Quatsch!", rief sie, "Und jetzt lass mich in Ruhe!" Noch zwei Schritte trennten sie und der freie Fall. Noch ein Schritt. Auf der neuen Schule wirst du eine beste Freundin finden, ihr werdet alles zusammen machen und sie wäre ohne dich alleine. Sie tat noch ein Schritt, jetzt stand sie fast an der Kante. Noch ein Schritt und sie wäre erlöst. Tu ihn oder tu ihn nicht, es ist deine Entscheidung ob du deinem Leben noch eine Chance gibst, oder jetzt schon ihm ein Ende bereitest. Es gibt so viele Menschen, die es viel schwerer haben als du und sie schwimmen nicht tot in einem Fluss herum. "ICH WEIß!" schrie sie. Tränen rollten über ihr Gesicht. "lch weiß!" schluchzte sie und ging einen kleinen Schritt zurück. Sie blinzelte und sah den Sonnenuntergang am Horizont verschwinden. Es war nur ein kleiner Schritt, doch es war eine so große Überwindung. Gib deinem Leben noch eine Chance! Das Leben kann schön sein, es wird alles wieder gut, wenn du nur dran glaubst. Stille. Der Wind rauschte in ihren Ohren. Sie drehte sich um. Weg vom Abgrund. Über das Geländer. Weg, bloß weg. Sie gab ihrem Leben noch eine Chance, sie hatte es geschafft, aus schlechten Gedanken, Hoffnung zu machen. Sie hatte es geschafft, sich ein Brücke ins neue Leben zu bauen.

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Verwandelbar - Die Lesung

Am 27. November 2022 fand die Lesung zum Schreibwettbewerb VERWANDELBAR statt, bei der fünf der Gewinner:innen ihre wunderbaren Texte präsentierten. Moderiert wurde die Lesung durch den Autor Manfred Theisen, der auch Mitglied der Jury war.

Autorin / Autor: Klara Boos, 13 Jahre