Thomas’ Zug fällt aus

Eine Adventsgeschichte zum Thema Fernbeziehung

Thomas Blau sitzt fest. Alles ist zugeschneit und nun fahren die Züge nicht mehr. Kein einziger. Thomas ist sauer. Er will zu Susanne, seiner Freundin. Fernbeziehung – echt eine Scheißidee, aber die Liebe... Da ist nichts zu machen und Susanne weigert sich, zu ihm nach Hannover zu ziehen. Er will nicht nach Nürnberg. Blödes Süddeutschland, wenn es das nicht gäbe, würde Susanne irgendwo bei ihm in der Nähe wohnen. Thomas wirft einen letzten Blick auf die Anzeigetafel am Bahnsteig. An der Aufschrift hat sich nichts geändert. Der Zug fährt nicht, nichts zu machen. Mit gemütlichem Weihnachten unter dem buntgeschmückten Tannenbaum in Susannes kleiner Zwei-Zimmer-Wohnung wird es also nichts mehr. Weihnachten! Warum kann der Klimawandel nicht allen Schnee wegschmelzen lassen? Zu was ist er denn sonst gut? Immer bekommt man unter die Nase gerieben, dass es so nicht weitergehen kann, aber wenn man ihn dann braucht, hat er sich auch zum Feiern zurückgezogen. Thomas holt sein Handy aus der Tasche – er muss Susanne Bescheid geben – und verlässt den Bahnsteig.

Susanne ist sauer, aber was kann er denn dafür? Ist er Gott, hat er den Schnee bestellt? Nein! Wenn es nach ihm ginge, wäre der Schnee weiterhin in den Wolken. Aber was er will, interessiert ja keinen. Jetzt ist er auch sauer, weil Susanne sauer auf ihn ist, sauer wegen etwas, für das er gar nichts kann. Thomas legt auf und macht das Handy aus. Jetzt will er nicht mehr mit Susanne reden. Irgendwie hatte er gehofft, sie würde wenigstens Mitleid haben. Stattdessen ist sie sauer. So hat er sich das nicht vorgestellt. Blöde Kuh! Soll sie doch alleine in ihrem kitschigen Wohnzimmer Weihnachten feiern. Thomas will Schokolade essen – vielleicht wird ihm so ein wenig weihnachtlicher zu Mute, aber das wollen wohl all die anderen, die sich über den Ausfall ihrer Züge ärgern, auch. Es gibt nur noch weiße Schokolade und die mag Thomas nicht. Also noch nicht mal ein halbes Weihnachten am Bahnhof. Thomas überlegt, ob er nicht einfach wieder nach Hause gehen soll. Weihnachten mal anders, allein, zu Hause vor dem Fernseher, ohne Kitsch, ohne Geschenke, ohne alles eigentlich, aber er bleibt. Vielleicht fahren die Züge ja irgendwann wieder, und eigentlich will er Weihnachten ja doch zusammen mit Susanne in Nürnberg feiern. Ganz kitschig unter einem buntgeschmückten Tannenbaum.

Zur nächsten Geschichte

>>> Zurück

Autorin / Autor: mondkuesschen - Stand: 2. Dezember 2008