Wer traut wem?

Deutsch-britische Studie ermittelt, welche Nationen ihre Mitmenschen am meisten vertrauen

Ist der Japaner eher bereit als der Schwede, einem flüchtigen Bekannten Geld zu leihen? Geht der Ostdeutsche offener mit Fremden um als der Westdeutsche? Und wer hat eigentlich größeres Vertrauen in seine Mitmenschen, die Schweizer oder die Türken?

Der Frage nach dem generellen Vertrauen unterschiedlicher Kulturen und Länder in ihre Mitmenschen ging nun ein deutsch-britisches Forscherteam der Jacobs University Bremen und der Leuphana Universität Lüneburg nach. In einer mehr als 50 Länder umfassenden Studie untersuchten die Forscher, wo der Wesenszug „Vertrauen in Mitmenschen“ am weitesten verbreitet ist. Für ihre Studie stützten sie sich auf mehr als 60.000 Umfragedaten aus einer Welt-Werte-Studie. Dabei ist es ihnen gelungen, generelles Vertrauen erstmals so zu messen, dass es wirklich über Länder und Kulturen hinweg vergleichbar ist. Am meisten Vertrauen haben der Studie zufolge die Schweden, Schweizer und Norweger, am wenigsten die Menschen in der Türkei, Ruanda und Trinidad & Tobago. Deutschland liegt auf Platz 7 (alte Bundesländer) bzw. 11 (neue Bundesländer). Allgemein gesprochen ist generelles Vertrauen der Studie zufolge in reichen westlichen Gesellschaften höher als in ärmeren, nicht-westlichen Ländern.

Vertrauen wird schon seit Jahrzehnten in Umfragen gemessen mit der Frage: Kann man den meisten Menschen vertrauen? Allerdings wusste man bisher nicht, wen sich die Befragten unter „meiste Menschen“ vorstellen. „Der Clou unserer Studie ist, dass wir erstmals konkret diesen Radius des Vertrauens bestimmen konnten“, erläutert Professor Dr. Jan Delhey von der Jacobs University Bremen. „Dies war möglich durch zusätzliche Fragen, die genauer erkunden, wie sehr die Befragten einerseits Familienmitgliedern und Freunden vertrauen, andererseits Menschen anderer Religion und Nationalität. Bringt man diese neuen Informationen mit der altbewährten Vertrauensfrage in 'die meisten Menschen' in Verbindung, kann man den Radius des Vertrauens abschätzen.“

Der Studie zufolge kann dieser Radius von Land zu Land tatsächlich stark variieren. „Insbesondere Asiaten haben einen engen Vertrauensradius, allen voran Südkoreaner, Thailänder und Chinesen“, fasst Professor Dr. Christian Welzel eines der Hauptergebnisse der Studie zusammen. „Ihr Vertrauen beschränkt sich überwiegend auf Familie und Freunde.“ In Asien scheint es also weniger allgemeines Vertrauen zu geben. Viele westliche Länder haben hingegen einen sehr weiten Vertrauensradius. Die Forscher unterstrichen, dass der gesellschaftlichen Nutzen von Vertrauen stark vom Vertrauensradius abhängt: In Ländern mit einem weiten Radius engagieren sich die Menschen stärker in Vereinen, sind toleranter und unterstützen stärker demokratische Prinzipien.

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Autorin / Autor: Anika Krüger/Pressemitteilung - Stand: 30. September 2011