Von wegen Digital Natives

Forschung: Wer mit digitalen Medien aufgewachsen ist, hat noch lange keine Ahnung

Der Begriff "Digital Natives" für all die, die sozusagen mit Smartphone und Computer groß geworden sind und sich eine Welt ohne nicht vorstellen können, erweckt den Eindruck, hier wachse eine Generation heran, der die technische Begabung schon in die Wiege gelegt wurde. In Bildung und Politik ist darum die Ansicht weit verbreitet, diese Digital Natives müssten anders unterrichtet werden als die Generationen vor ihnen.

Tatsächlich haben die sogenannten Digital Natives aber keineswegs automatisch Ahnung von der Technik der Geräte, mit denen sie groß geworden sind, meint zumindest der Bildungspsychologe Paul A. Kirschner von der Open University Niederlande, der mit seinen Kolleg_innen Studien zur Technikkompetenz der nach 1984 Geborenen ausgewertet hat.

Den Forscher_innen zufolge sind Digital Natives und die ihnen häufig zugeschriebenen Multitasking-Fähigkeiten ein reiner Mythos. Nur weil junge Menschen in einer vernetzten Welt aufwachsen, sind sie noch lange nicht in der Lage, diese Technologien auch aktiv zu steuern und zu gestalten. Auch folgt auf ein Aufwachsen in einer digitalisierten Welt nicht automatisch ein veränderter Zugang zu Lehrinhalten.

Die Studien, die sich mit den Kompetenzen der Digital Natives befasst haben, kommen in der Mehrzahl zu dem Schluss, dass diese digitale Technologien kaum anders nutzen als Ältere, kein besonders tiefes Technikverständnis haben und ihre Kenntnisse sich häufig auf E-Mailprogramme, Textmessages, Surfen und die Nutzung von facebook beschränken. Viele Anwendungen werden von ihnen nur oberflächlich beherrscht und nicht zur Problemlösung oder für eigenständiges Lernen verwendet.

Die Autor_innen der Studie fordern darum Lehrende auf, den Fokus mehr auf die Lernenden zu legen und was sie tatsächlich an Fähigkeiten mitbringen und sich nicht an ihrem Medienkonsum zu orientieren und aus ihm irgendwelche besonderen Fähigkeiten abzuleiten, die die Lernenden gar nicht haben.

Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitrschrift "Teaching and Teacher Education" veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 11. August 2017