Voll Porno!?

Studie: Jugendliche sehen früh und ungewollt Hardcore-Filme mit pornografischen Inhalten

"Boah, wie krass ist das denn?!" oder "Iiihh, wie eklig!" Das dürften zwei der üblichen Reaktionen von Jugendlichen auf pornografische Darstellungen bei Youtube und Co. sein. Wie eine repräsentative Befragung von Kommunikationswissenschaftlern der Universitäten Münster und Hohenheim in Stuttgart ergab, werden Kinder und Jugendliche immer früher mit sexuell expliziten Inhalten im Internet konfrontiert. Fast die Hälfte der 1048 befragten 14- bis 20-Jährigen gibt an, schon einmal „Hardcore-Pornografie“ mit entblößten Geschlechtsteilen gesehen zu haben. Von den 14- und 15-Jährigen sind es immerhin bereits ein Drittel. Ihre allererste Erfahrung hatten viele bereits mit 12, Jungs etwa ein halbes Jahr früher als Mädchen.

In etwa 50 Prozent der Fälle stoßen Jugendliche unfreiwillig auf die pornografischen Bilder oder Filme. Und nach diesen ersten Erfahrungen scheinen deutlich mehr Jungen diese Online-Angebote weiter zu nutzen als Mädchen. In den meisten Fällen findet der erste Kontakt zu pornografischen Inhalten zu Hause statt. In 40 Prozent der Fälle sind die Jugendlichen auch nicht allein, sondern schauen sich die Bilder und Filme zuammen mit Freund_innen an.

Bei den Jugendlichen, die gezielt nach solchen Inhalten suchen, muss man allerdings zwischen Mädchen und Jungen deutlich unterscheiden: Während sich von den Mädchen 60 Prozent ungewollt Pornomaterial anschauen, sind es bei den Jungen nur 37 Prozent, so die Studienergebnisse. Dabei zählten die Forscher_innen zu den "ungewollten Kontakten" nicht nur zufällige Netzfunde, sondern auch das Gezeigtbekommen von Pornografie durch Dritte.

„Die Ergebnisse legen zudem nahe“, unterstreicht Prof. Dr. Thorsten Quandt vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster, „dass Kinder und Jugendliche mit etwas konfrontiert werden, was sie weder sehen wollen noch richtig verstehen. Da die Mediennutzung oft heimlich passiert, müssen Kinder und Jugendliche mit der Verarbeitung dieser Inhalte allein und ohne elterliche oder schulische Einflussnahme zurechtkommen.“

„Eltern und Lehrer spielen nur eine nachgeordnete Rolle. Das Fehlen von Orientierung durch Erziehungspersonen ist ein ernstes Problem“, mahnt Prof. Dr. Quandt. „Die Studie führt deutlich vor Augen, dass die Erstkontakte im heutigen Online-Zeitalter schon sehr früh stattfinden, selbst mit teilweise jugendgefährdenden Inhalten.“

*Pornografie weiterhin Tabuthema*
Wenn Jugendliche zum ersten Mal auf Pornografie treffen, reden sie kaum darüber. Zwar spricht die Häfte darüber im Freundeskreis, aber nur vier von Hundert diskutieren darüber mit Lehrer_innen oder Eltern. Wobei die Diskussionsbereitschaft davon abhänge, welche Gefühle beim ersten Sehen von pornografischen Inhalten aufgetaucht seien, so die Forscher_innen. „Waren die Jugendlichen durch die Inhalte erregt, war die Redebereitschaft deutlich geringer, als wenn sie die Inhalte belustigend oder abstoßend empfanden“, berichtet Prof. Dr. Vogelgesang. Trotz der gestiegenen Offenheit in der Gesellschaft und vieler Aufklärungskampagnen gelte weiterhin: „Das Reden über die eigene Sexualität ist unter vielen Jugendlichen noch immer ein Tabuthema, mit dem sie entweder weitgehend allein gelassen werden oder das sie mit ihren Freunden erkunden.“

Allerdings stimme das "holzschnittartige Bild des einsamen männlichen Porno-Nutzers" oft nicht mehr, so Prof. Dr. Vogelgesang. Für viele Jugendliche sei der erste Kontakt mit Pornografie eng an den sozialen Kontext gebunden.

„Die Befunde werfen außerdem wichtige Fragen zum Umgang mit dem Pornografiekonsum von Jugendlichen auf“, ergänzt Prof. Dr. Quandt. „Sie verdeutlichen, dass es sich nicht um ein randständiges Mediennutzungsphänomen handelt. Es ist vielmehr eine weit verbreitete Form der jugendlichen Mediennutzung.“

Die Studie erscheint dieser Tage in einer Publikation des Springer Verlags (DOI 10.1007/978-3-658-18859-7_5).

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 26. Oktober 2017