Virtuelle Gaffer?

Studie untersucht Verhalten jugendlicher "Bystander"

Weggucken, gaffen oder einschreiten und helfen? Diese Frage stellt sich nicht nur im realen Leben, wenn man beobachtet, wie ein anderer Mensch fertig gemacht wird. Im Zeitalter der Medien äußert sich Aggression häufig auch im Netz und oft stehen dann die Cybermobber im Fokus des öffentlichen Interesses. Doch auch die schlimmsten Kommentare auf Facebook oder entwürdigenden Videos auf YouTube sind erst dann so richtig verletzend, wenn es dafür auch ein Publikum gibt.
Aber wie verhalten sich die zunächst unbeteiligten Zuschauer eigentlich, die sogenannten „Bystander“, die miterleben, dass eine andere Person gedemütigt, beleidigt oder verunglimpft wird? Stellen sie sich auf die Seite der Täter oder versuchen sie das Opfer zu verteidigen? Oder kümmern sie sich gar nicht darum und surfen einfach weiter?

*Nicht jedes Schweigen ist Zustimmung*
Eine qualitative Studie am Fachgebiet Pädagogische Psychologie von Prof. Dr. Angela Ittel hat sich diesem Thema gewidemt und untersucht, wie sich jugendliche „Bystander“ von Cyber-Mobbing verhalten. In Gesprächsgruppen mit 30 Berliner Jugendlichen zeigte sich, dass die 14- bis 17-Jährigen sehr unterschiedliche Gelegenheiten von Cyber-Mobbing beobachteten und entsprechend unterschiedlich reagierten: Mal fanden sie lustig, was da vor sich ging, mal versuchten sie ihren Freunden gegen Online-Attacken zu helfen. Häufig aber verhielten sie sich passiv und warteten erst einmal ab. Doch dieses Verhalten ist nicht unbedingt auf Desinteresse zurückzuführen – oft wiesen die Jugendlichen darauf hin, dass sie sich selbst hilflos und unsicher fühlten und nicht wussten, an wen sie sich wenden können. Teils spielte auch die Befürchtung eine Rolle, selbst zum Opfer des nächsten Angriffs zu werden. Manche dieser Vorfälle ignorierten sie aber auch ganz bewusst, weil sie dem Täter nicht auch noch Aufmerksamkeit schenken wollten. „Nicht jedes Schweigen ist auch eine Zustimmung“, beurteilt der Leiter der Studie, Dr. Jan Pfetsch, diese Haltung.

Greifen die Jugendlichen hingegen aktiv gegen Cyber-Mobbing ein, so wählen sie viele verschiedene Wege. Besonders ihren Freunden bieten die Jugendlichen Trost und Unterstützung an: Hass-Gruppen werden beim Internetbetreiber gemeldet, die Jugendlichen suchen nach der Identität der Täter. Falls diese bekannt sind, werden die Täter übers Internet oder im realen Leben von ihnen direkt aufgefordert, das Cyber-Mobbing zu unterlassen. Die „Bystander“ sind oft durch das Mitgefühl mit dem Opfer motiviert und setzen sich deshalb aktiv gegen Cyber-Mobbing zur Wehr.

*Bystander - Teil der Lösung oder Teil des Problems?*
Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse, dass die „Bystander“ eine wichtige Funktion für den Verlauf eines Falls von Cyber-Mobbing haben. Jugendliche können sich entscheiden – wollen sie ein Teil der Lösung oder ein Teil des Problems von Cyber-Mobbing werden.

Lies die ganze Studie im Netz

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 20. Januar 2012