Versandwandel?

Online-Shopping ist bequem, verursacht aber viel Fahrerei und Tonnen von Verpackungsmüll. Welche Alternativen gibt es?

Die Hose passt nicht, das T-Shirt sieht bescheiden aus, die Schuhe drücken - wer online bestellt, kalkuliert ein, dass was nicht gefällt, einfach zurückgeschickt werden kann. Der Versandhandel produziert aber durch das Hin- und Hergefahre nicht nur tonnenweise CO2 und Berge von nicht weiter verkäuflicher Retouren Ware, sondern auch jede Menge Müll: Kartons, Plastikfolien, Füllmaterial. Und der Berg wächst und wächst. Was also tun? Die Auswahl im Internet ist einfach größer, oft sind die Preise niedriger und es ist ja auch so bequem, Kleidungsstücke ungestört vor dem heimischen Spiegel anzuprobieren. Und natürlich braucht die Ware eine Verpackung, denn sie muss während des Versands vor Schmutz und Beschädigung geschützt werden. Es gibt einige wenige Unternehmen, die haben nicht nur das Problem, sondern auch die Marktlücke und eine Lösung dafür erkannt: Wiederverwendbare Verpackungen, die von den Kund_innen zurückgeschickt werden und wiedereingesetzt werden können.

RePack - wiederverwendbare Versandbeutel

Bild: RePack

Das finnische Unternehmen RePack etwa versucht, sich mit wiederverwendbaren Versandtaschen nun auch auf dem deutschen Markt zu behaupten. Die quietschgelben Versandbeutel werden aus robustem, recycelten oder neuen Kunststoffen (z.B. Polypropylen und Polyethylen) hergestellt und können dem Anbieter zufolge 20 bis 50-mal wiederverwendet werden. Sie sind in unterschiedlichen Größen erhältlich, sodass sie zum Produkt passen und keine riesigen Packungen mit Luft versendet werden müssen. Leer können sie auf eine normale Briefgröße zusammengefaltet und weltweit kostenlos zurückgeschickt werden. Für das Rücksenden verspricht der Hersteller sogar eine kleine Belohnung in Form eines Gutscheins, der bei allen Händlern eingelöst werden kann, die RePack verwenden. In Deutschland muss man Händler, die mit RePack zusammenarbeiten noch mit der Lupe suchen. Aber das könnte sich ja vielleicht bald ändern.

memo box - umweltschonender Versand für umweltschonende Produkte

Bild: Memo

Wie man mit sperrigeren Produkten umgehen kann, zeigt die mit dem Blauen Engel ausgezeichnete memo box des Versandhändlers memolife, einem Online-Shop für ökologische, sozialverträgliche und umweltschonende Produkte aus den Bereichen Schule und Büro, Naturkosmetik, Möbel u.v.m.
Die stabile Kunststoffbox aus Recyclingmaterial wird auf Kundenwunsch zum Versand verwendet und dann vom Kunden kostenfrei zurückgesendet. Das spart Kartonagenabfall, und natürlich kann die memo box auch für Retouren verwendet werden.

The Box - Intelligenter Versand?

Bild: LivingPackets

Eine noch weiterführendere Verpackungslösung will das französische Start Up LivingPackets auf dem Markt etablieren. Die "revolutionäre, nachhaltige und nachverfolgbare Versandbox" (Zitat aus der Pressemitteilung) kann mit bis zu 5 KG beladen und nicht nur bis zu 1.000-mal wiederverwendet werden, sondern soll auch noch "smart" sein. Sie verfügt über ein Echtzeit-Monitoring (Standort, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Aufprall, unautorisiertes Öffnen) sowie eine integrierte Kamera mit Licht, die Einblick in die Box gewährt. Die Anbieter werben damit, dass ein integriertes Halterungssystem in der faltbaren Box dafür sorgt, dass kein Füllmaterial wie z. B. Luftpolsterfolie benötigt wird. Außerdem ist ein elektronisches Display integriert, das Adress-Aufkleber überflüssig und so Hin- und Rücksendungen einfacher macht. Wer die Box zurücksendet, soll belohnt werden. Das patentierte Produkt kann dann auf Wunsch auch nach den Bedürfnissen des Versandhändlers gestaltet werden. Wie nachhaltig ein so aufwändiger Versandkarton wirklich ist, muss dann allerdings erst in der Praxis überprüft werden.

Ja, wo denn?

Es gibt also Alternativen, die aber leider noch nicht besonders verbreitet sind. Bis dahin kommen die Sachen weiterhin in Plastikbeuteln und in viel zu großen Kartons zu euch nach Hause, auch wenn immer mehr Versandhändler_innen versuchen, die Verpackungsgrößen an die Produkte anzupassen. Das ist auch sinnvoll, denn laut einer Studie des Verpackungs- und Displayherstellers DS Smith und Forbes Insights sind 25% von dem, was Unternehmen heute weltweit verschicken, Luft. Und die verursacht natürlich - auch wenn sie an sich nichts wiegt - Tonnen CO2, da die Waren durch die unnötig großen luftgefüllten Verpackungen mehr Raum in Containern, Flugzeugen, LKWs beanspruchen. Als Beispiel werden in der Studie Schiffscontainer genannt, die zu 24 Prozent leer seien. Dadurch würden jährlich rund 61 Millionen Container unnötigerweise verschifft, was 122 Millionen Tonnen Kohlendioxid entspreche.

*Online shoppen oder vor Ort?*
Es ist trotz der Verpackungsproblematik nicht grundsätzlich und immer etwas gegen Online-Shopping einzuwenden. Schließlich schlagen auch der Weg von Waren und Kund_innen zum Geschäft, die Beheizung, Beleuchtung und Instandhaltung sowie der Abtransport und die Entsorgung nicht verkaufter Ware in der CO2 Bilanz zu Buche. Nicht per se ist ein Vor-Ort-Einkauf umweltfreundlicher als eine individuelle Bestellung im Internet.

*Retouren vermeiden*
Wer möglichst unschädlich online shoppen will, sollte allerdings ein paar Regeln beachten. Die wichtigste ist, Retouren zu vermeiden. Einer aktuellen Untersuchung der Forschungsgruppe Retourenmanagement zufolge wird jedes 6. Paket zurückgeschickt. Das Zurücksenden nicht passender oder nicht gefallender Ware verursacht unnötige Transportwege, so schätzt die Studie die Umweltwirkung der deutschen Retouren im Jahr 2018 auf 238.000 Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e). Dies entspricht in etwa der Umweltwirkungen von täglich 2.200 Autofahrten von Hamburg nach Moskau. Zudem wird Retouren-Ware manchmal einfach entsorgt, weil das Wiedereinräumen und neu Verpacken sich nicht lohnt. Und natürlich fällt jede Menge zusätzlicher Verpackungsmüll an.

Die Praxis, vorsichtshalber gleich drei verschiedene Größen zu bestellen oder Sachen zu ordern, die man nicht braucht, sondern nur aus Spaß mal anprobieren will, ist hier natürlich kontraproduktiv.

*Virtuelle Umkleiden gegen Retouren-Wahnsinn*
Um die nervigen Retouren zu reduzieren, experimentieren einige Online-Shops bereits mit virtuellen Umkleiden. Mit selbst gestaltbaren Avataren, 3-D Scannern, Virtual Reality Anwendungen oder Holografie können Kleidungsstücke am digital dargestellten Körper erprobt werden. Das könnte Fehlkäufe zumindest reduzieren, allerdings verrät diese Art der Anprobe nichts darüber, wie sich der Stoff auf der Haut anfühlt oder wie er fällt.

Wer auf Expressversand verzichtet (denn da wird dann nicht gewartet, bis das Auto voll ist), wenn möglich einen umweltfreundlichen Versand wählt und zu Hause ist oder einen Ablageort angibt, damit das Postauto nicht zwei oder drei Mal kommen muss, kann die Umweltverträglichkeit von Online-Shopping ebenfalls verbessern.

Das Allerbeste ist aber immer noch: eine Kleidertauschparty organisieren, aufs Fahrrad schwingen und mit anderen gut erhaltene Lieblingskleider tauschen statt neu zu kaufen ;-).

Quellen

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: aktualisiert am 29. April 2019