Verfall oder Bereicherung?

ExpertInnen: Digitale Kommunikation hat positive Einflüsse auf deutsche Sprache

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Mailen, simsen, chatten, whatsappen - dass unsere zunehmende digitale Kommunikation Einflüsse auf die Sprache hat, ist klar. Meistens werden diese Veränderungen auch sehr kritisch beurteilt: Es gäbe zu viele Anglizismen, die Grammatik verfalle, von Rechtschreibung oder Interpunktion ganz zu schweigen. Doch es gibt auch andere Stimmen, sogar von denen, die sich mit Sprache sehr gut auskennen, den LinguistInnen: Sie finden mehrheitlich, dass die zunehmende digitale Kommunikation durchaus positive Einflüsse auf die deutsche Sprache hat. Insbesondere der Wortschatz werde durch die vermehrte Nutzung digitaler Medien reicher, meint die Mehrheit der 100 im Auftrag des Wissenschaftsjahres 2014 – Die digitale Gesellschaft befragten LinguistInnen (44 %). „Durch digitale Medien verfällt die Sprache nicht, sie entwickelt sich weiter und wird vielseitiger“, meint auch Prof. Dr. Heike Wiese, Professorin für die Deutsche Sprache der Gegenwart an der Universität Potsdam und Sprecherin des Zentrums Sprache, Variation und Migration. Die Mehrheit (62 Prozent) der befragten SprachwissenschaftlerInnen beurteilt den Einfluss der digitalen Kommunikation auf die deutsche Sprache insgesamt als groß - besonders jüngere LinguistInnen. Interessant ist, dass 26 % der ExpertInnen der Meinung sind, dass vor allem mehr Wortschöpfungen bei dieser Kommunikation entstehen.

„Neue Kommunikationsmöglichkeiten per SMS, Chat, E-Mail, Facebook und Twitter haben dazu geführt, dass mehr Menschen mehr privat schreiben und lesen als vermutlich je zuvor“, erklärt der Germanistikdozent Dr. Georg Albert von der Universität Koblenz-Landau. Aber auch sie sehen die Kehrseite: Laut den befragten SprachwissenschaftlerInnen führt das auch dazu, dass die Komplexität von Satzstrukturen abnimmt (das sagten 39 %), dass weniger auf die Rechtschreibung wie Groß- und Kleinschreibung geachtet wird (das sagten 36 %), und es würden häufiger umgangssprachliche Strukturen in der schriftlichen Kommunikation verwendet (das sagten 20 %).

Wie sich die Digitalisierung auf die Kommunikation von Kindern und Jugendlichen auswirkt, beurteilen die LinguistInnen auch verschieden: Die Mehrheit der ExpertInnen beobachtet sowohl positive als auch negative Einflüsse auf die Schreibkompetenz (34 %) und sprachliche Ausdrucksfähigkeit junger Menschen (39 %). Dazu identifizierten die Experten der Umfrage aber noch einen neuen Trend: Durch die zunehmende digitale Kommunikation wird der Umgangston im beruflichen Umfeld informeller – davon gehen 69 Prozent der befragten SprachwissenschaftlerInnen aus.

Die vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführte repräsentative ExpertInnenumfrage stützt sich auf computergestützte Telefoninterviews mit insgesamt 100 SprachwissenschaftlerInnen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland. Die Interviews wurden Ende November 2014 durchgeführt.

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Autorin / Autor: Redaktion /Pressemitteilung - Stand: 4. Dezember 2014