Vapen macht schneller süchtig als gedacht
Studie: Einweg-E-Zigaretten machen junge Erwachsene schneller nikotinabhängig als bisher angenommen
Der Konsum von Tabak ist weltweit immer noch die führende vermeidbare Todesursache – allein in Deutschland sterben nach Schätzungen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) jedes Jahr rund 127.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Zum Vergleich: Im Straßenverkehr kamen im letzten Jahr hierzulande 2.780 Menschen ums Leben.
Trotzdem gibt es immer mehr neue Nikotinprodukte auf dem Markt: Dazu gehören Tabakerhitzer, Nikotinbeutel und E-Zigaretten, die Nikotinflüssigkeit verdampfen. Vor allem Einweg-E-Zigaretten, sogenannte „Disposables“, werden für Jugendliche und junge Erwachsene ansprechend in bunten Farben, mit attraktiven Aromen angeboten und als weniger schädliche Alternative zu herkömmlichen Zigaretten vermarktet. Wie groß ihr Suchtpotenzial tatsächlich ist, ist bislang wenig untersucht.
Einweg-E-Zigaretten haben das vermutlich stärkste Suchtpotential
Ein Forscher:innenteam des LMU Klinikums hat nun erste Studien-Ergebnisse zu diesen Produkten veröffentlicht: In einer Studie mit 18 Proband:innen im Alter von 19 bis 28 Jahren wurden zwei E-Zigaretten mit einer herkömmlichen Zigarettenmarke verglichen. Verwendet wurden die Einweg E-Zigaretten “Elfbar 600” mit 20 mg/ml Nikotin (Erdbeere-Kiwi-Aroma, Tabak-Aroma), die Pod E-Zigarette “myBlu” mit 18 mg/ml Nikotin (Tobacco-Roasted-Blend-Aroma) sowie herkömmliche Zigaretten mit 0,8 mg Nikotin (Marlboro Red).
Alle Produkte wurden unter standardisierten Bedingungen fünf Minuten lang konsumiert, wobei die Versuchspersonen selbst entscheiden konnten, wie oft und wie lange sie an der Zigarette ziehen. Während des 30-minütigen Versuchsablaufs wurden fortlaufend Zugparameter, Herz-Kreislauf-Daten und subjektive Empfindungen erfasst; parallel dazu wurden mehrere Blutproben zur Bestimmung der Nikotinkinetik abgenommen.
Das alarmierende Ergebnis der Studie: Die getesteten Disposables der Marke Elfbar erreichten Höchstkonzentrationen im Blutplasma von 7,1 ng/ml (Erdbeere-Kiwi-Aroma) und 6,9 ng/ml (Tabak-Aroma) – nahezu auf dem Niveau herkömmlicher Zigaretten mit 8,1 ng/ml. Wiederbefüllbare Pod-Systeme (myBlu) lagen mit 3,1 ng/ml deutlich darunter.
Besonders beunruhigend: Der Nikotinspiegel stieg bei den Einwegprodukten bereits in der ersten Minute nach Konsumbeginn am stärksten an. Die maximale Nikotinkonzentration wurde nach nur fünf (Elfbar 600 Strawberry-Kiwi) bzw. sechs (Elfbar 600 Tobacco) Minuten erreicht – schneller als bei klassischen Zigaretten (acht Minuten).
Diese Werte sind entscheidend, wenn man sich das Suchtpotenzial eines Produkts anschaut, denn vor allem der schnelle Anstieg der Nikotinkonzentration in den ersten Minuten nach Beginn des Konsums sind ausschlaggebend. Aufgrund ihrer schnellen Nikotinanflutung vermuten die Forschenden daher, dass Einweg-E-Zigaretten die Konsumvariante mit dem stärksten Suchtpotential von allen getesteten Produkten seien.
Hohe, schnelle Nikotinabgabe kann leicht zu dauerhafter Abhängigkeit führen
Die Proband:innen bewerteten die Disposables außerdem als befriedigender und äußerten eine höhere Lust zum erneuten Konsum im Vergleich zu einer herkömmlichen Zigarette. Besonders die Erdbeere-Kiwi-Variante erfreute sich großer Beliebtheit.
„Dass die neuen Einweg-E-Zigaretten eine so schnelle und hohe Nikotinabgabe bieten, überrascht nicht nur, es beunruhigt uns sehr“, sagt Letztautor PD Dr. Tobias Rüther, Oberarzt am LMU Klinikum. „Gerade junge Erwachsene laufen Gefahr, durch die hohe, schnelle Nikotinabgabe dieser Produkte in eine dauerhafte Abhängigkeit zu geraten.“ Die weiteren Autorinnen der Studie vom LMU Klinikum Dr. Andrea Rabenstein, Christin Falarowski und Anna Rahofer betonen: „In unserer klinischen Arbeit in der Tabakambulanz sehen wir zunehmend junge Erwachsene, die von diesen neuen Produkten stark abhängig sind und vorher nicht geraucht haben. Viele berichten dabei, sie hätten über Influencer auf Social-Media-Kanälen von diesen neuen Produkten erfahren.“
Mit Blick auf den Weltnichtrauchertag am 31. Mai fordern die Forschenden eine verstärkte Beobachtung von Verkaufs- und Konsumtrends sowie eine Verschärfung der Regulierungen – etwa durch Beschränkungen bei Aromen, Verpackungsgestaltung und Werbeformen inklusive Social Media.
Zusätzlich empfiehlt das Forschungsteam flächendeckende Aufklärungskampagnen über die Risiken von Einweg- E-Zigaretten. "Nur mit klaren Regeln und gezielter Prävention können wir verhindern, dass eine neue Generation ungewollt in die Nikotinsucht abrutscht", so Rüther.
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 30. Mai 2025