Weghören unmöglich

Studie: Warum mitgehörte Handygespräche die Aufmerksamkeit rauben

"Echt? Das ist ja krass!"
...
"Und? Was hat er gesagt?"
...
"Ich fass es nicht!"

Wenn ihr in Bus und Bahn, auf der Straße oder dem Schulhof Zeuginnen solcher Handygespräche werdet, dann ist eure Aufmerksamkeit gefesselt - und zwar viel mehr, als wenn ihr das vollständige Gespräch beider Parteien verfolgen könntet.

Die Forscherin Lauren Emberson von der kanadischen Cornell University hatte dieses Phänomen an sich selbst beobachtet: Wenn Fahrgäste im Bus telefonierten, gelang es ihr einfach nicht, sich auf ihr Buch oder ihre Musik zu konzentrieren. Sie wollte herausfinden, warum das so ist.

"Halbe Handygespräche" muss man mithören

Für ihr Experiment nahmen Emberson und ihre KollegInnen die Telefongespräche von Studentinnen auf und zwar einmal als komplettes Gespräch und einmal als "Halfalogue", bei dem nur eine der beiden sprechenden Parteien hörbar war. Sie spielte die Aufnahmen Testpersonen vor, die beim Hören Konzentrationsaufgaben am Computer lösen mussten - etwa die Verfolgung eines bewegten Punktes mit der Mouse.

Wie zu erwarten, schnitten die Testpersonen bei dem Versuch besonders schlecht ab, wenn sie nur das halbe Handygespräch zu hören bekamen. Die ForscherIn vermutet, dass das Gehirn besonders aufmerksam ist, wenn eine Situation unvorhersehbar ist. Ein Gespräch, bei dem man nur die Kommentare der einen Person hören kann, ist für das Gehirn natürlich eine spannende Sache. Es weiß nie, was als nächstes kommt und versucht ständig, das (nicht) Gehörte gedanklich zu vervollständigen. Vorhersagbare Ereignisse hingegen fesseln das Gehirn nicht besonders. Darum können sich viele auch dann konzentrieren, wenn um sie herum ständig gequasselt wird. Weil die Entwicklung der Gespräche vorhersehbar ist, fühlt man sich weniger abgelenkt.

Wundert euch also nicht, wenn die Menschen, die in ein Buch vertieft neben euch sitzen, plötzlich ihr Buch sinken lassen und ganz Ohr sind, wenn ihr euch mit eurer Freundin am Handy über die letzte Party austauscht. Sie sind nicht hemmungslos neugierig, sondern geradezu gezwungen diesem "Halfalogue" zuzuhören. Und wenn ihr richtig nett seid, platziert ihr euch beim Telefonieren nicht in der Nähe von Leuten, die gerade krankhaft versuchen, sich auf ihr Buch, ihre Hausaufgaben oder gar ein eigenes Telefongespräch zu konzentrieren.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 23. September 2010