Taufliege als Fußballexpertin

Forscher präsentieren kurioses WM-Orakel

Kaum rollt der Ball, wird wieder landauf, landab orakelt. Zoos machen aus Elefanten Fußballpropheten, Aquarien wollen an ihren Tentakel-Orakel-Erfolg bei der Fußball-WM 2010 anknüpfen und schicken wieder diverse Kraken ins Rennen, Minischweine und sogar Forellen müssen sich mit Fußball herumschlagen. Eigentlich können wir auf all die Orakelei natürlich getrost verzichten, schließlich wurde in einer statistisch fundierten WM-Formel der Sieg der deutschen Mannschaft bereits einwandfrei berechnet. Das Fliegen-Orakel des Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg wollen wir euch aber dennoch nicht vorenthalten. Denn die Wissenschaftler haben aus gutem Grund "vollstes Vertrauen in die Ergebnisse": „Krake Paul hat nur Futter gefressen. Doch unsere Fliegen spielen tatsächlich Fussball", so die Initiatoren der Aktion. Das erste Ergebnis der deutschen Fußballerinnen hat die vermeintlich hellseherisch begabte Taufliege Drosophila melanogaster dann auch richtig vorhergesagt, äh... vorhergeflogen. Dass sie bei insgesamt 8 Spielen aber nur zweimal komplett richtig lag, nur zwei mal "fast richtig" und vier mal falsch, lässt vermuten, dass Drosophila melanogaster nicht wirklich das Zeug hat, in die Fußstapfen von Krake Paul zu treten. Das gibt aber auch Anlass zur Hoffnung, denn das Spiel Deutschland - Nigeria tippte die Fliege auf 1:1 und das kann ja nun wirklich nicht sein ;-).

Das kuriose Orakel ist in einem Labor der Arbeitsgruppe Heisenberg im Rudolf-Virchow-Zentrum, DFG-Forschungszentrum für experimentelle Biomedizin an der Universität Würzburg, entstanden. Die Idee entwickelt und umgesetzt haben Diplomand Sebastian König und Doktorand Till Andlauer. „Normalerweise erforschen wir an unsere Fliegen, wie Verhalten entsteht. Intelligente Tiere also - ideale Voraussetzungen für ein Orakel.“

Die Vorhersage dauert genau 120 Sekunden. Während dieser Zeit bewegt sich die Fliege auf einem sogenannten Buchner-Ball in einer künstlichen Arena. Die beiden Tore werden durch die Landesflaggen der spielenden Mannschaften repräsentiert. Die Drehungen des Balles, die die Fliege erzeugt, werden erfasst und daraus die beabsichtigten Bewegungen der Fliege errechnet. Entsprechend dieser Daten ändert sich das Panorama der virtuellen Arena. Erreicht die Fliege eines der beiden Tore, so wird dies als erfolgreicher Torschuss gewertet. Die Fruchtfliegen-Weissagung wird während der kompletten WM betrieben.

Bei aller Intelligenz darf man Drosophila Fußballverstand wohl eher absprechen. Aber das Orakel veranschaulicht mal wieder, wie kreativ WissenschaftlerInnen an ihre Forschungsfragen herangehen. Denn eigentlich beschäftigt sich die Arbeitsgruppe um Prof. Martin Heisenberg mit der Frage nach dem Entstehen bestimmter Verhaltensweisen und der Rolle, die Gehirn und Gene dabei spielen. So untersuchen sie unter anderem die Faktoren der sogenannten initialen Aktivierung. Das bedeutet, dass ein Lebewesen ein Verhalten ausprobiert, die Konsequenzen bewertet und daraus für die Zukunft lernt. Dieses Verhalten war in der Wissenschaft lange umstritten. In langjährigen Experimenten an der Taufliege Drosophila konnte Heisenberg jedoch nachweisen, dass es die initiale Aktivität tatsächlich gibt.

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 30. Juni 2011