Still!

Autor: Dirk Pope

„Manche sagen, ich rede nicht viel. Allein das ist ein Beleg dafür, dass einige zu viel reden.“ – Einstiegssatz

„Still!“ von Dirk Pope ist ein wundervolles Buch und hat mir sehr gut gefallen.
Angesprochen hat mich vor allem das schräge, aussagestarke Cover, welches auch ohne Worte „laut“ sein kann.
Ich habe ja generell auch eine Vorliebe für Bücher, die eher „still“ sind.

Mariella hört auf zu sprechen. Der Grund wird nicht explizit genannt, aber man kann es erahnen. Es geht ihr vor allem darum, dass Leute viel zu viel sagen, ohne auch nur irgendetwas zu meinen. Sie findet, das Gesagte sollte von Bedeutung sein und dass man nicht reden soll, nur um etwas gesagt zu haben (vor allem, wenn es etwas Schlechtes ist). Sie möchte die Stille (aber auch die Worte) mit Bedeutung füllen.
Ihr Schweigen eckt aber auch an und viele in ihrer Schule, Mitschüler wie Lehrer, kommen mit ihrer Art nicht klar. Nicht einmal ihre Mutter bringt Verständnis für sie auf. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, Mariella in Ruhe zu lassen.
Alles beginnt sich zu ändern, als sie Stan (eigentlich Stefan) kennenlernt. Der Gehörlose beeindruckt sie, weil sie bei ihm sein kann, wie sie ist und so freundet sie sich schnell mit ihm an. Doch die Stille ihrer Worte bringt nicht nur Gutes hervor. Wenn auch nicht beabsichtigt, bahnt sich doch etwas Furchtbares an.
Ob sie ihre Stimme wieder benutzen wird?

Mir hat der Schreibstil des Autors sehr gefallen. Das Buch lebt vor allem durch seine Beschreibungen, Metaphern und philosophischen Ansätze, da es sich ja in erster Linie nicht auf Dialoge stützt, sondern auf Mariellas Gedanken. Auch die Länge des Buches, das mit knapp 200 Seiten doch recht dünn ist, hat mir imponiert, da Langeweile oder langatmige Stellen gar keine Chance haben, aufzukommen.

Mit viel Gefühl und Einfühlsamkeit nimmt sich der Autor Mariella und ihrer Welt an und zaubert eine wunderbare Geschichte aufs Papier.
Die Botschaft des Buches hat mir auch gefallen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, wie ich das Ende interpretieren soll. Aber generell regt es zum Nachdenken an und man überdenkt seinen Umgang mit Worten, was sie anrichten können, wenn sie gesagt werden, oder auch ungesagt bleiben. Man lernt auch, die Stille zu genießen, denn vielen ist diese unangenehm. Dazu hat mir das Zitat von dem estnischen Komponisten Arvo Pärt auf Seite 57 sehr gefallen: „Die Stille ist immer vollkommener als die Musik. Man muss nur lernen, das zu hören.“

Mit dem Buch lernt man wieder, dass man auch den stillen Worten bzw. der Andersartigkeit mehr Bedeutsamkeit beimessen und achtsamer, vor allem auch toleranter, mit sich und seinen Mitmenschen umgehen sollte. Denn man kommuniziert ja nicht nur mit Worten, sondern dem ganzen Körper. Und wie Mariella es auch so schön gesagt hat: „Wer nicht redet, schadet weder sich noch seiner Umwelt. Im Gegenteil, viele Leute würden ihren Mitmenschen keinen größeren Gefallen tun, als einfach mal den Mund zu halten.“

Klare Leseempfehlung und am besten in der Stille das Buch dann genießen! ;)


*Erschien am 17. August bei Hanser*

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Autorin / Autor: Lisa - Stand: 7. September 2020