Ohne Sprache kein Mathe

Forschung: Mit Wörtern können wir Zahlen besser begreifen

Wer gut sein will in Mathe, muss erstmal eine Sprache sprechen. Menschen, die keine herkömmliche Sprache sprechen, fällt es nämlich schwer, ein Verständnis für Mengenangaben zu entwickeln. Das haben WissenschaftlerInnen der University of Chicago in einer Studie mit taubstummen Menschen aus Nicaragua festgestellt. Diese haben in ihrem Leben nie eine offizielle Zeichensprache erlernt, sondern kommunizieren über selbstentwickelte Gesten, sogenannte „Home Signs“. Sie sind nicht in der Lage, den Wert von Zahlen größer als „drei“ zu begreifen, da sie keine Sprache erlernt haben, die Symbole für das Zählen festlegt.

Für ihre Untersuchungen beobachteten die ForscherInnen vier der taubstummen Home Signer aus Nicaragua. Aufgrund ihrer Lebensumstände blieb es ihnen verwehrt, die offizielle Zeichensprache zu erlernen. Die Forscher stellten fest, dass sie innerhalb ihrer selbstentwickelten Gesten durchaus Finger benutzen, um Mengen anzuzeigen. Zählen im eigentlichen Sinne können sie allerdings nicht.

In Test spielten die WissenschaftlerInnen den Home Signern Videos vor, in denen Zahlen die Handlung bestimmten. Danach sollten sie den Inhalt des Videos einem Freund oder Verwandten weitergeben, der ebenfalls Home Signs zur Verständigung gebraucht. Das Ergebnis: Kamen Zahlen größer als drei innerhalb der Geschichte vor, so war es für die Testpersonen fast unmöglich, diese mithilfe von Gesten korrekt wiederzugeben. 

Ihnen fehlt beispielsweise ein Wort für die Zahl „sieben“, um zu verstehen, welche Menge diese Zahl verkörpert. So können die taubstummen Nicaraguer auch kaum Zusammenhänge verstehen, die diese Zahlenwörter herstellen, etwa dass „acht“ mehr als „sieben“ ist und weniger als „neun“. Aus den Ergebnissen schließen die ForscherInnen, dass das Zahlenverständnis nicht angeboren ist, sondern sich im Laufe des Lebens mithilfe der Sprache entwickelt.

Weitere Studien hatten bereits gezeigt, dass Menschen aus isolierten Kulturen Probleme haben, größere Zahlenmengen zu beschreiben. Zwei beobachtete Naturvölker aus dem Amazonas beispielsweise haben keine Worte für Zahlen größer als „fünf“. Sie zeigten sich somit unfähig, zwei Zahlenreihen zu bilden, die jeweils mehr als fünf Spielfiguren umfassten.

Nur mit einem klaren Zahlenkonzept innerhalb der Sprache ist es uns möglich, Mengen zu begreifen und zu beschreiben, schließen die ForscherInnen aus den Studienergebnissen.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 8. Februar 2011