Nett ist das neue "cool"

Studie: Coolness wird heute eher mit sozialen Eigenschaften verbunden

Der rebellische, toughe, verschlossene Typ lehnt mit einem Kippenstummel im Mundwinkel und zerrissenen Jeans abseits von allem an der Mauer, hinter der er auch seine Gefühle versteckt hält. Er ist ein Tunichtgut, mit Kamm und Herz in der hinteren Hosentasche versteckt. Der nette Involvierte zieht stattdessen mit einem Käffchen in der Hand, einem flotten Spruch auf den einbalsamierten Lippen und modisch figurbetonten Jeans an den Beinen alle Blicke und Sympathien auf sich. Galant fährt er sich durchs Haar, während er mit funkelnden Augen von seinem neuesten Vorhaben berichtet. Welcher ist wohl der coole Typ von beiden?

Der Psychologe Ilan Dar-Nimrod von der Universität Rochester wollte dem auf den Grund gehen. Er rechnete damit, seine eigene Auffassung von „cool“ bestätigt zu bekommen. Aber die Assoziiationen, die heute bei dem Wort im Kopf aufploppen, sind ganz anders als die Charaktereigenschaften, die früher das Coolsein begründeten. Das Wort „cool“ habe viel seines historischen Ursprungs und seiner Bedeutung verloren, sagt Dar-Nimrod, dieses Auflehnen und das stark Individualistische sei abhanden gekommen. 

Die Mehrheit der Versuchsteilnehmer, die für die Untersuchung befragt wurden, griff bei ihrer Bedeutungsbeschreibung des Wortes „cool“ auf Adjektive zurück, die sich auf positive und sozial wünschenswerte Charaktermerkmale beriefen, zum Beispiel freundlich, kompetent, modisch und attraktiv. Hat der verschlossene Rebell also abgedankt?

Das überraschte Dar-Nimrod, galt er als 13-jähriger Sprössling doch als cool, wenn er sich mit einer Sonnenbrille vor allem und jedem abschottete. „Ich war cool, weil ich mich von den Leuten distanzierte. Niemand konnte mir meine Gefühle ansehen“, erzählt der Forscher. Alle Gefühle unter Kontrolle, niemandem zu nahe kommen. Heute dagegen ist es in großem Maße die Leidenschaft, die zählt. Hoppla – Leidenschaft? Brennendes Verlangen, zügelloses Begehren? Wie kann das „cool“ sein?

Von einigen wenigen wird aber trotz allem das distanzierte Rebellentum als der heilige Gral angesehen. Das ist zum einen natürlich widersprüchlich – zum anderen führt es dazu, dass somit jeder von irgendjemandem als cool angesehen wird. Hat das Wort „cool“ also seine Bedeutung verloren oder ist es bloß zu einem mit austauschbaren positiven Attributen besetzten Adjektiv geworden? Was ist für dich "cool"?

Was ist für dich cool?

Autorin / Autor: Annika Willinger - Stand: 8. Juni 2012