Nase, Kinn, Stirn
Unbewusste Gesichtsberührungen können psychischen Druck verkleinern
Ist euch schonmal aufgefallen, dass ihr euch in stressreichen Phasen öfter ins Gesicht fasst? Diese Selbstberührungen besonders an der Nase, am Kinn und an den Wangen stehen wohl tatsächlich in engem Zusammenhang mit dem Stresslevel bei vornehmlich denkenden Tätigkeiten. Das haben nun Forscher:innen der University of Houston (UH) herausgefunden. Ihre Studie sei die erste groß angelegte Analyse von Selbstberührungen in realen Arbeitsumgebungen unter Verwendung künstlicher Intelligenz, sagte Ioannis Pavlidis, leitender Autor und Professor für Informatik am College of Natural Sciences and Mathematics der UH.
Im Gegensatz zu traditionellen psychologischen Laborstudien wertete das Team fast 170 Stunden Videoaufnahmen aus, nutzte Wärmebildkameras zur Erfassung von Gesichtsschweiß (der ein Hinweis auf Stress ist), überwachte die Herzfrequenz mithilfe von Smartwatches und maß die Computeraktivität zur Beurteilung der Konzentration. Die Proband:innen befanden sich allesamt an ihrem Arbeitsplatz und nicht in einer Laborsituation.
Während sich die Forscher:innen zunächst darauf konzentrierten, wie die Teilnehmenden Stress erlebten, beobachteten sie in den Video-Aufnahmen, dass bestimmte Verhaltensweisen immer wieder auftauchten. Dazu gehörte zum Beispiel, dass die Beobachteten öfter ihre Nase, die Wangen und ihr Kinn anfassten und dass sie die Berührungen überwiegend mit der nicht-dominanten Hand ausführten, was auch mit früheren psychologischen Beobachtungen übereinstimmt.
Überraschend war für die Forscher:innen, dass das Berühren des eigenen Gesichts ein stärkerer und zuverlässigerer Indikator für Stress war als Gesichtsausdrücke – insbesondere bei einsamer kognitiver Arbeit. „Normalerweise stehen Stress und Emotionen in Zusammenhang mit Gesichtsausdrücken, aber es scheint, dass diese Gesichtskommunikation aussetzt, wenn wir ganz allein sind“, sagte Pavlidis.
Ursprung der Gewohnheit
Ähnliche Gesten sind bei Primaten zu beobachten, was auf eine evolutionäre Komponente hindeutet. Diese Gesichtsregionen sind stark von Nervenaktivitäten durchzogen, wodurch Berührungen von Natur aus beruhigend wirken. „Diese Berührungen sorgen für ein gewisses Maß an Behaglichkeit, was möglicherweise Stress ausgleicht“, sagte Pavlidis. „Es wird vermutet, dass dies der Grund dafür sein könnte, warum Menschen das tun.“
Über die beruhigende Wirkung hinaus verbinden aktuelle Forschungsergebnisse häufiges Berühren des eigenen Gesichts auch mit einem verbesserten Gedächtnis bei Personen, die sich häufig selbst berühren.
„Spontane Selbstberührungen im Gesicht []...} bieten eine neuartige Methode zur Messung von psychischem Stress und könnten als Grundlage für zukünftige Strategien zum Stressmanagement dienen. Diese Berührungen und physische Pausen können zusammenwirken, um erhöhten Stress bei kognitiven Aufgaben wirksam zu reduzieren", sind sich die Forschenden sicher.
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 30. Oktober 2025