Naheliegende Zukunft

Forschung: Warum Morgen uns näher ist als Gestern

Wenn ihr mal so in euch hineinhorcht, habt ihr dann den Eindruck, dass der 14. April bald ist, aber der 14. Februar doch schon eine Weile zurückliegt? Weihnachten war vor einer gefühlten Ewigkeit, bis zum Juni dauert es hingegen nicht mehr lange? Falls ihr jetzt nickend vor dem Computer sitzt, sei euch gesagt: Das ist völlig normal. ;-) US-amerikanische Wissenschaftler haben jetzt entdeckt, dass Menschen Ereignisse in der Zukunft „näher“ einschätzen als solche in der Vergangenheit.

*Die Zukunft ist nah*
In früheren Studien war schon herausgekommen, dass wir die Distanz zu Gegenständen, denen wir uns nähern, als kürzer empfinden als zu solchen, von denen wir uns wegbewegen, auch wenn sie in Wirklichkeit genau gleich weit entfernt sind. Die Forschergruppe um Eugene Caruso von der University of Chicago wollte nun überprüfen, ob das vielleicht auch für zeitliche Abstände gilt. Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Zeit- und Raumempfinden gab es auch schon früher, bisher hatte aber niemand dieses Phänomen gezielt untersucht.

Caruso und seine Kollegen führten dazu mehrere Versuche durch. Unter anderem befragten sie an einem Bahnhof Studenten und Berufspendler, wie nah ihnen bestimmte Zeitpunkte (einen Monat und ein Jahr in der Zukunft  bzw. in der Vergangenheit liegend) erschienen. Außerdem führten sie jeweils eine Woche vor und eine Woche nach dem Valentinstag eine Onlineumfrage durch, bei der die Teilnehmer beurteilen sollten, wie nah der Tag war. In beiden Fällen stellte sich heraus, dass sich für die Probanden tatsächlich das jeweils zukünftige Ereignis näher anfühlte als das vergangene.
Die Forscher sprechen daher von einem „zeitlichen Dopplereffekt“: Der Dopplereffekt bezeichnet das Phänomen, dass sich ein Signal zeitlich staucht oder dehnt, wenn sich der Abstand zum Empfänger ändert. Bekanntestes Beispiel: Das „Lalülala“ des Rettungswagens hört sich, wenn er an einem vorbei gefahren ist, anders an als vorher.

*Räumliche Bewegung beeinflusst Zeitempfinden*
Um den Zusammenhang zwischen räumlichem und zeitlichem Empfinden zu testen, wurden des Weiteren Studenten virtuell eine gerade Straße entlang geschickt – eine bekamen dabei den Eindruck vermittelt, dass sie sich auf einen Springbrunnen zu bewegen, andere schienen sich davon zu entfernen. Danach sollten sie die Frage beantworten, wie fern sich ein bestimmtes Datum (drei Wochen in der Zukunft bzw. in der Vergangenheit) für sie anfühlt. Dabei zeigte sich bei denjenigen, die sich (gefühlt) vorwärts bewegt hatten, der „zeitliche Dopplereffekt“ – diejenigen, die rückwärts gegangen waren, empfanden hingegen keinen Unterschied zwischen dem vergangenen und dem zukünftigen Ereignis. Offensichtlich beeinflusste das räumliche Empfinden also direkt das zeitliche: Wer sich im Raum vorwärts bewegt hatte – wenn auch nur virtuell – sah quasi auch die Zukunft schneller auf sich zukommen.

Wir neigen also offenbar dazu, die Zukunft als näher zu empfinden, weil es sich für uns anfühlt, als ob wir uns darauf zubewegen. Die Wissenschaftler vermuten dahinter einen wichtigen Sinn: Wir können die Vergangenheit nicht ändern, denn Zeitreisen gibt es nach wie vor nur bei Dr. Who und Konsorten. ;-) Aber die Zukunft lässt sich noch beeinflussen. Das „Näherempfinden“ könnte dazu dienen, dass wir uns besser auf zukünftige Ereignisse vorbereiten und weniger vergangenen nachhängen.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 14. März 2013