Mein Name ist nicht Freitag

Autor: Jon Walter
übersetzt von Josefine Haubold
ab 14 Jahren

Buchcover

Als Waisenjunge unter der Obhut Pater Moselys hat der zwölfjährige Samuel zur Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs gewissermaßen Glück im Unglück – denn er erhält eine streng christliche Erziehung, lernt Lesen und Schreiben und macht zumindest mit der unbarmherzigen Sklaverei in den Südstaaten zunächst keine persönlichen Erfahrungen. Das ändert sich, als Samuel die Schuld für eine von seinem kleinen Bruder Joshua begangene Sündentat auf sich nimmt und in der Folge von einem skrupellosen Sklavenhändler auf eine Plantage in Mississippi verkauft wird. Auf einen Schlag verliert Samuel nicht nur all seine Rechte, sondern sogar seinen Namen: Freitag muss er sich fortan nennen, ist nun Eigentum des kaum älteren Sohns des Plantagenbesitzers, Gerald, und lernt, dass er selbst den anderen Sklaven nicht vorbehaltlos vertrauen kann. Doch bei aller harten Arbeit und neben den unzähligen kleinen und großen Grausamkeiten, die er erlebt, findet Samuel auch Lichtblicke: Gerald etwa sucht eher einen Freund als einen Diener, und auch, wenn Samuel sich stets bewusst ist, dass eine reine und unschuldige Freundschaft auf Augenhöhe zwischen ihnen unmöglich ist, entwickeln die beiden Jungen doch eine vertraute Zweisamkeit miteinander.
Vor allem aber ist es sein tiefer Glaube, der Samuel Halt gibt, zusammen mit dem unbedingten Willen und Ziel, zu seinem kleinen Bruder zurückzukehren. Und bald – so empfindet es Samuel mit Gewissheit – offenbart ihm Gott, dass sein Schicksal tatsächlich einen höheren Sinn hat: Was, wenn Samuel jener Moses der Schwarzen sein soll, auf den seine neue Ziehmutter Lizzie und so viele seiner gläubigen Leidensgenossen warten – jemand, der Wissen und Selbstbewusstsein bringen kann, um seinesgleichen dabei zu helfen, die Fesseln der Knechtschaft aus eigener Kraft abzuwerfen statt auf Befreier aus dem Norden zu hoffen? Samuel beginnt, den übrigen Sklaven das Lesen beizubringen – doch um dieses Unterfangen dauerhaft geheim zu halten, bräuchte es ein Wunder, und wie groß die Gefahr ist, in die sie sich damit begeben, mag allen nicht vollumfänglich klar sein ...

In ebenso berührenden wie ausdrucksstarken, niemals aber reißerischen Worten zeichnet Jon Walters ein authentisches, auf umfassende und fundierte Recherchen gestütztes, vor allem jedoch nahbares Bild einer Zeit, die häufig weit weg und in Geschichtsbüchern nicht selten staubig und unzugänglich anmutet. Mit ebenso glaubwürdigen wie einnehmenden Protagonisten und einer spannenden Handlung, die Schreckliches nicht schönt, dem Elend zugleich jedoch unerwartete Facetten der Menschlichkeit gegenüberstellt, führt der Roman in oft poetischer und stimmungsvoller Sprache an ebenjene Zeit heran, macht das Fremde – etwa auch den oberflächlich zunächst sonderbar anmutenden Aspekt der enormen und unerschütterlichen Gottesfürchtigkeit Samuels und seiner Zeitgenossen – tatsächlich begreifbar und schafft so ein psychologisch komplexes und fesselndes, berührendes wie aufwühlendes Zeitzeugnis, das gleichzeitig wahres Lesevergnügen und tiefgründige Anregung zum Nachdenken ist. Insbesondere die deutsche Ausgabe wird zudem gewiss nicht zuletzt auch durch die angenehm unaufdringliche Übersetzung, die nicht nur Worte sondern Atmosphäre transportiert, sowie ein wunderbar feinsinniges und subtiles Lektorat zu einem wirklich besonderen und beachtenswerten literarischen Juwel – und das keineswegs nur für Jugendliche.

Mein Name ist nicht Freitag von Jon Walter, aus dem Englischen von Josefine Haubold, ist im Königskinder Verlag erschienen.

*Erschienen bei Königskinder*

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Autorin / Autor: fabienne - Stand: 18. April 2017