Machen Fitness-Apps unsolidarisch?

Forschung: Wer seine Gesundheit per App kontrolliert, erwartet eher eine Belohnung - etwa in Form geringerer Krankenkassenbeiträge

Wir messen unsere Schritte, lassen uns per App Fitnessübungen zeigen oder ans Wassertrinken erinnern, und nicht einmal vor dem Schlaf macht die elektronische Erfassung Halt. Wir optimieren unsere Figur, unsere Fitness und maximieren den gesundheitlichen Output. Ist es auf der einen Seite zwar wünschenswert, dass die Digitalisierung in gewisser Weise unsere Verantwortung gegenüber unserem eigenen Körper unterstützt, so hat sie möglicherweise auch eine Kehrseite: Das Solidarprinzip in unserem Gesundheitssystem wird in Frage gestellt. Das ergibt zumindest eine Umfrage der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und der Universität zu Köln im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung.

In unserem Gesundheitssystem gilt, alle zahlen für alle. Wer nie krank ist, zahlt für die, die es sind. Wer strikt auf seine Gesundheit achtet, zahlt den gleichen Prozentsatz und auch für die, die sich nur von Schokolade und Bier ernähren und immer auf dem Sofa sitzen. Allerdings zahlt auch der Couchpotato für den Sportfreak, der sich beim Skifahren alle Knochen bricht. Faire Angelegenheit!

Mit der steigenden Kontrolle, die man scheinbar über die eigene Gesundheit haben kann, sinkt aber offenbar die Bereitschaft, für die Krankheitskosten der Menschen aufzukommen, die sich nicht so sehr unter Kontrolle haben.
In der Studie veränderte die Nutzung fitnessbezogener digitaler Anwendungen langfristig die Einstellung zur Solidarität in der Krankenversicherung. Bei dieser Nutzergruppe steigt die Wahrscheinlichkeit deutlich, das Solidarprinzip in der Krankenversicherung abzulehnen.

Zwar stimmten nach wie vor 75 Prozent der Befragten dem Grundprinzip der solidarisch finanzierten Krankenversicherung zu, aber es gebe Anzeichen dafür, "dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen einen langfristigen gesellschaftlichen Wertewandel hin zu mehr Eigenverantwortung verursacht“, erklärt Studienleiter Professor Remi Maier-Rigaud.

Denn die Studie konnte zeigen, dass Nutzer_innen eher für gesundheitsbewusstes Verhalten belohnt werden wollen als Nicht-Nutzer_innen. So stimmten sie deshalb der Aussage eher zu, dass Versicherte, die regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen, geringere Beiträge zur Krankenversicherung zahlen sollten. Ebenso befürworten Nutzer_innen von Fitness-Apps in höherem Maße die Belohnung von Personen, die ihre individuell gesammelten Daten mit ihrer Krankenkasse teilen.

Die Ergebnisse beruhen auf einer repräsentativen bundesweiten Umfrage unter 1314 Bürger_innen ab 16 Jahren, die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 30. Dezember 2019