Laute(r) Meinungen

Studie „Children’s Worlds+“: Kinder und Jugendliche vertreten ihre Meinungen öffentlich. Nur die Erwachsenen hören manchmal nicht so richtig zu.

Gruppe von Menschen

Kinder und Jugendliche haben eine eigene Meinung und zwar eine laute. Das wissen wir nicht erst seit den Demonstrationen, die viele von ihnen inzwischen fast wöchentlich besuchen. Besonders entscheidend sind für sie die Themen Vertrauen, Sicherheit, Selbstbestimmung und Zugehörigkeit. Das hat Sabine Andresen von der Universität Frankfurt herausgefunden, die für die Studie „Children’s Worlds+“, im Auftrag der Bertelsmann Stiftung 3500 Kinder und Jugendlich befragt hat. Dabei hat sich gezeigt, dass Kinder und Jugendliche zwar starke Meinungen haben, sich aber von der Politik und in der Schule nicht immer ernst genommen fühlen. Dabei machen einige der Befragten schlimme Erfahrungen, bei denen eine Ansprechperson wichtig wäre.

*Viele Hänseleien und Ausgrenzung*
„60 Prozent und damit mehr als die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen erfährt in der Schule Ausgrenzung, Hänseleien oder sogar körperliche Gewalt, insgesamt ein Viertel fühlt sich an ihrer Schule nicht sicher.“, so Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Viele der Kinder und Jugendlichen erleben dabei sogar verschiedene Formen von Übergriffen.
Mit solchen Problemen mögen sich nicht alle Schüler_innen an das Lehrpersonal wenden. Denn unter den Vierzehnjährigen haben nur 57 Prozent das Gefühl, dass ihre Lehrer_innen ihnen zuhören und sie ernst nehmen. Unter den Achtjährigen sind es immerhin noch 79 Prozent. Besser schneiden Eltern und Freund_innen in den Augen der Jugendlichen ab. Sie gelten als gute Zuhörer_innen, die die Probleme der Jugendlichen ernst nehmen und für sie da sind. Dabei ist den jungen Menschen trotzdem bewusst, dass die Eltern häufig einen Spagat zwischen Erwerbs- und Familienzeit hinkriegen müssen. Die Studie zeigt außerdem, dass Kindern und Jugendlichen oftmals gar nicht klar ist, welche Rechte sie haben. Laut Andresen müssen Kinder aber ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit kennen und wissen, dass sie bei Dingen, die sie betreffen, mitentscheiden können.

*Luxusgüter können zur Ausgrenzung führen*
Besonders betroffen von Gewalterfahrungen sind Kinder und Jugendliche, die mit materiellen Sorgen aufwachsen. Generell geben die meisten Befragten an, materiell gut versorgt zu sein und trennen zwischen Produkten, die grundlegend wichtig sind und Luxusgütern, die man nicht unbedingt braucht. Dabei kann sich die Einschätzung, was als Luxus gilt, mit dem Alter wandeln. Während unter den Achtjährigen nur etwa 40 Prozent ein Handy besitzen und viele sagen, dass sie gar keins brauchen, ist es für ältere Kinder selbstverständlich, ein eigenes Handy zu haben. Und auch wenn die meisten angeben, sich materiell gut versorgt zu fühlen, machen sich rund 52 Prozent von ihnen manchmal oder immer Sorgen um die finanzielle Situation ihrer Familie. Genau diese Kinder sind es auch, die häufiger gehänselt, mit Absicht gehauen und ausgegrenzt werden. Oftmals fühlen sie sich in der Schule, zu Hause oder ihrer Nachbarschaft nicht wirklich sicher. Außerdem fehlen ihnen einige Sachen, die in Deutschland zu einer normalen Kindheit dazugehören und sie können an Aktivitäten mit Freunden nicht teilnehmen, die viel kosten.

Dass Kinder und Jugendliche ernst genommen werden müssen, steht für Dräger außer Frage. Die Erfahrungen und das Wissen, dass sie sammeln, kann ihm zufolge sogar eine neue Form der Sozialberichterstattung darstellen. Darüber hinaus müsse aber auch Kinderarmut ganz gezielt abgebaut werden- beispielsweise durch Teilhabegeld und über Bildungsinstitutionen und Infrastruktur vor Ort, die zu dem Leben von Kindern und Jugendlichen passen. Dann hören hoffentlich auch bald die Erwachsenen wieder besser zu.

Quelle:

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Autorin / Autor: Karla Groth/ Pressemitteilung - Stand: 4. Juli 2019