Trau keinem über 30

Max-Planck-Forscher untersuchen kriminelles Verhalten von Senioren

Kleinkriminelle Jugendliche und kopfschüttelnde Senioren, die sich über die "heutige Jugend" ereifern - so kennen wir das eigentlich. Schließlich werden in den Medien immer wieder Studien zur Jugendkriminalität zitiert und der Drogenkonsum, die Gewaltbereitschaft und Zerstörungswut von jungen Menschen beleuchtet. Ein Forschungsprojekt der kriminologischen Abteilung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg hat nun mal eine anderen Gruppe potenzieller Krimineller unter die Lupe genommen: die Senioren. Schließlich wird unsere Gesellschaft immer älter und ganz offensichtlich bedeutet das keineswegs, dass die Kriminalität deswegen zwangsläufig zurück geht. "Kriminelles Verhalten ist auch unter älteren Menschen keine Seltenheit", fasst die Soziologin Franziska Kunz das Ergebnis ihrer Studie zusammen, bei der sie 2000 Frauen und Männer zwischen 49 und 81 Jahren aus der Region Südbaden anonym nach ihren Straftaten per Post befragte.

Zu den Top-Verbrechen der Senioren gehörte der Studie zufolge Trunkenheit am Steuer. Nahezu jeder Vierte kreuzte an, seit seinem 50. Geburtstag mindestens einmal betrunken Auto gefahren zu sein", so Kunz. "Jeder zehnte Befragte teilte mit, dies bereits fünfmal oder häufiger getan zu haben." Dabei gaben etwa 40 Prozent der Männer mindestens eine Promillefahrt in ihrer zweiten Lebenshälfte zu, bei den Frauen waren es dagegen gerade einmal rund zehn Prozent. "Offenbar handelt es sich hier um ein männliches Phänomen", folgert sie. "Zur Ehrenrettung der Männer ist allerdings zu berücksichtigen, dass dies zum Teil auch daran liegen dürfte, dass in der untersuchten Kohorte im Vergleich zu heute deutlich weniger Frauen überhaupt im Besitz einer Fahrerlaubnis sind." Zudem wiesen die ForscherInnen darauf hin, dass die Befragten aus einem Weinbaugebiet stammen - möglicherweise sind die Ergfebnisse darum nicht einfach auf andere Gebiete übertragbar. Dennoch sollte man vor dem Hintergrund der trunkenen Senioren am Steuer vielleicht mal über "begleitetes Fahren" ab 50 nachdenken ;-).

Betrugs- und Vermögensdelikte lagen insgesamt weit vorne und das obwohl die GesetzesbrecherInnen "häufig finanziell abgesicherte und sozial gut integrierte Personen“ waren.

Entgegen der landläufigen Vorstellung von Alterskriminalität spielt Ladendiebstahl dagegen keine zentrale Rolle: mit 2,7 Prozent der Befragten liegt diese Straftat nur auf Rang Acht. "Zwar präsentieren sich die Männer auch bei fast allen übrigen im Fragebogen gelisteten Straftaten in der Überzahl. „Was die Gesamtkriminalität betrifft, ist das Mann-Frau-Verhältnis mit 60:40 jedoch deutlich ausgeglichener als dies von jüngeren Personen bekannt ist. Dort beträgt der Proporz etwa 80 Prozent Männer zu 20 Prozent Frauen.“ erklärt Kunz. "Lediglich die vier Delikte Sachbeschädigung, Ladendiebstahl, anderer Diebstahl und Sozialbetrug stellen Abweichungen von dieser Regel dar", so die Forscherin. "Hier sind beide Geschlechter entweder gleich stark vertreten oder Frauen sogar geringfügig höher."

Wenn sich also künftig ältere Generationen mal wieder über die verrohte Jugend auslassen, könnt ihr ihnen ganz naseweis diese aufschlussreiche Studie unter die Nase reiben.

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 30. Mai 2011